Seite - 319 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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Das erste Blut, mit welchem Attila das Schwert des Kriegsgottes weiht, ist das
seines eigenen Bruders Bnda, welcher lieber die Donau und Theiß entlang eine Heimat
gründen, als in blutigen Schlachten Ruhm gewinnen will und die Burg Buda erbaut
uud nach seinem Namen benennt, — wofür Attila ihn tödtet. Und nach jedem Feldzug
kehrt der große Welteroberer wieder zwischen Donau und Theiß zurück, wo seine Haupt-
stadt steht, aus Holz gebaut. Den steinernen Mauern ist er seind und stürzt sie, die Wälle
von Byzauz hat er bereits niedergelegt, den Kaiser gedemüthigt. Chrysaphius, der Eunuch
aus Byzanz, will dies meuchlerisch mit dem Dolche rächen, indem er Attilas eigenen
Gesandten Edekon besticht. Dieser geht scheinbar darauf ein, sendet aber Attila Kunde vom
Anschlag. Der griechische Kaiser schickt dem Hunnenkönig, um ihn zu versöhnen, eine
Gesandtschaft ans Ufer der Theiß. Den großartigen Empfang hat Priscns Rhetor
folgendermaßen geschildert. Die anlangenden Gesandten wurden zuerst von den Frauen
vornehmer Hunnen empfangen, welche sie mit keuscher Umarmung begrüßten. Diese Sitte
war nicht von der türkischen Race entlehnt, die ihre Frauen vor fremden Augen verbirgt
und für Wesen hält, welche tiefer stehen als die Männer.
Die Gemahlin des Königs selbst, Kerka (oder Reka), empfing, von ihren Frauen
umgeben, die Gesandtschaft; die hunnischen Frauen beschäftigten sich mit Gold- und
Perlenstickerei, denn bei den prachtliebenden Hunnen bedeckten die Ritter nicht nur sich
selbst, souderu auch ihre Pferde mit Geschmeide und Stickereien. Nur der König allein war
einfach, an ihm war nichts Glänzendes. Sein Gewand ist schmucklos, kein Kleinod daran,
an seinen Waffen keine Spur von Gold, sein Thron ein einfacher Holzstuhl. Kalt empfängt
er die Gesandten, wirft ihnen jedoch den meuchelmörderischen Anschlag mit keinem Worte
vor. Von den Überläufern seines Volkes sagt er, daß er gegen seine Knechte zu kämpfen
sich nur schäme, aber nicht fürchte.
Auf den Abend lud er die Gesandten zum Gastmahl ein. Reihen weißgekleideter
Frauen stauben geordnet bis zum Saal des Gelages, ihre weißen Schleier spannten sie
als Himmel ans über den Chor der Jungfrauen, welche nationale Lieder sangen. Vor
seinem Palaste begrüßte den König die Gemahlin seines Lieblings Onegisius nebst ihren
Frauen, indem sie ihm nach Volkessitte Fleisch und Wein (auf einem silbernen Tischchen)
bot; der König aber, hoch zu Roß, kostete und dankte. In dem ungeheueren Prunksaale,
der von Gold und edlem Gestein erstrahlt und auf kunstreich geschnitzten Säulen ruht,
stehen Tische mit weißen Tüchern gedeckt und ächzen unter der Last goldener und silberner
Schüsseln und Becher; jeder Gast erhebt erst einen Becher auf das Heil des Königs und
dann wird au den Tischen Platz genommen. Nur Attila allein speist ans einem Holzteller
und trinkt aus hölzernem Becher, nichts von all den Gängen berührt er, nur gebratenes
Fleisch. Um die Mitte des Gastmahles läßt der König einen Becher füllen nnd bringt ihn
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch