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(FriKmaäär), der das Gold und edle Gestein hütet, dem Helden Drachentödter aber aus
Dank, weil dieser ihm die Eier gegen den Drachen beschützt hat, dienstbar wird und ihn
auf seinem Rücken aus der Tiefe der Drachenschlucht hinausträgt.
Die originellste Figur der magyarischen Volkssage ist aber der „tältos". Ursprünglich
bezeichnete dieses Wort die heidnischen Opferpriester, im Volksmnnd aber ist es zum Nameu
irgend eines wunderkräftigen Rosses geworden (wiewohl man es nebenher auch auf
Menschen angewendet findet). Das Roß tä l tos lebt elend auf dem Misthaufen und sieht
einer Schindmähre gleich, aber der Wunderheld erkennt es trotzdem und wühlt sich kein
anderes aus einem ganzen Stall voll Pferde. Er füttert die elende Mähre mit glühenden
Kohlen und da verwandelt sich der tältos plötzlich in einen goldmähnigen Hengst, der
bald fünf, bald wieder nur drei Füße hat; bald fehlt ihm ein Kinnbacken, bald tritt er
dreiköpfig auf; er trägt seinen Reiter durch die Luft, schnaubt dessen Feinde im Kampfe
mit Feuer an, versteht Menschenrede und spricht nach Menschenart, er prophezeit und
ertheilt Rathschläge. Daß bei dem zu Rosse lebenden, zu Rosse kämpseudeu magyarischen
Volke das Pferd der edelste Freund des Menschen ist und sich in die mythischen Regionen
erhebt, davon geben die Heldensagen Beweise, wenn sie von , AeA", dem Pferde des
heiligen Ladislaus, vom (Falben) des Bator Opos melden. Der „Iiolckas" (mit
einem Mond gezeichnetes Pferd) des Königs Matthias wird zur Hauptfigur einer ganzen
Heldenlegende, und GerhardOlähs redendes Roß beweist sogar seine patriotische Gesinnung,
indem es ihn ermahnt: „Hetze du mit mir keinen Hirsch, sondern Hetze den Türken!"
Feen- und Menschenwelt verknüpft der Begriff des eine volks-
tümliche Gestalt in zerfetztem, aufgeschlitztem Mantel, die Mütze rings mit Federn besteckt;
der Mantel heißt „kvIlöFk^tü" (Wolkentreiber) und der ihn trägt ist der Hagel- und
Sturmbringer. In der alten Heidenzeit mögen die „Garabonczen" die schristknndigen
Zauberpriester des magyarischen Volkes gewesen sein; als das Christenthum sich erkräftigt
hatte, entwürdigten sie sich zu fahrenden Gauklern (trukawres,jc>cuIutoreZ), welche singend
von Dorf zu Dorf zöge«. Der Volksglaube schreibt ihnen wohlthätige nnd rachsüchtige
Neigungen zu. Der zerlumpte Geselle bedankt sich für empfangenes Almosen mit dem
Spruch: „gabst, wirst auch geben; hast gehabt, hast und wirst haben" und erweist sich dem
Landwirth hilfreich; wo man ihm Brod, Milch oder Eier mit einem „nichts da" versagt
hat, antwortet er: „nun, dann sei auch nichts da!" — und eine Stunde später wird der
Landstrich von Hagel und Sturm verwüstet. Seine Wissenschaft aber steckt in dem Büchlein,
das er im Schnappsack führt. Mit dessen Hilfe vermag er den Drachen aus dem Sumpfe
„herauszulesen", zäumt ihn auf, besteigt ihn und läßt sich um ein Land weiter tragen.
Einmal nimmt er den geretteten Schafhirten mit sich, fliegt jedoch so nahe an der
Sonne vorüber, daß sie vor Hitze fast schmelzen; da steckt er dem Hirten einen Bissen
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch