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Das glänzende Bild hatte aber auch seine Schattenseite. Manche, die jene Titel trugen,
dienten als Urbilder der Liederlichkeit uud der schlimmen Streiche, und es ist vorgekommen,
daß die (als grob verrufenen) Pester Fiaker, wenn sie untereinander zankten, sich als
Schimpfwort „Du Jnrat!" zuriefen. So Mancher ist anch infolge häufiger Rejieiruug in
dieser Stellung grau geworden, bis ihm endlich ein Diplom zufiel, uud auf diese Sorte ist
das Räthsel gemacht worden: „Was wird aus dem alten Mratus?" — „Ein junger
prülcütor (Advokat)".
Der körte s. Das Wort ,kortes", welches jetzt gang und gäbe ist, stammt aus dem
Jahre 1821, als die wohledlen Wähler im Nögräder Comitat den dortigen Vieegespau
unter allerlei Wahl-Schabernack zu Fall brachten. Just zu jener Zeit wurden die
spanischen „Cortes" berühmt. Die ,auliei* spotteten den niederen Adel „kortes" und das
ist der Ursprung des jetzt im ganzen Lande giltigen Begriffes und Wortes. Die
Vorbereitung und Durchführung der früheren adeligen Ablegatenwahl und „Restauration"
gestaltete sich ganz anders als die jetzigen Abgeordnetenwahlen. Damals wählte nur der
Adel uud das Recht war an keinen Census gekuüpst. Von letzterem konnte auch gar keine
Rede sein, da der Edelmann keine Steuer zahlte, und daher konnten sich in die Schar
der Wähler gar sonderbare Figuren hineinmengen. Eine solche feierliche Handlung ließ
einst deu Adel eines Bezirkes im Comitate Sonndso der Hauptstadt zuströmen. Vor der
Stadt hieß der weitberühmte Kortessührer den ganzen Zug Halt machen, gerade am
Fuße des Galgens, bestieg allda ein leeres Faß und hielt von dieser Tribüne herab
folgende Ansprache: „Wohlgeborene Landstände! Siehe, an dieser heiligen Stätte, in
deren Schatten die Gebeine so manches Vorfahren der wohlgeborenen Landstände ruhen,
fühle ich mich gedrungen, die wenigen Worte anszufprechen, welche mein Herz bedrücken.
Es ist den wohlgeborenen Landständen bekannt, wie groß und edel die Rechte sind, zu
deren Ausübung wir uns allhier versammelt haben; es ist ihnen aber auch bekannt, daß
diese heiligen Rechte nur so lauge geachtet sein können, als sie nicht von unreinen Händen
angetastet werden. Nicht als ob ich in den moralischen Charakter der wohlgeborenen Land
stände einen Zweifel setzen würde, aber dennoch, sintemalen es eine alltägliche Sache ist,
daß der Mensch auch dort, wo er es nicht will, zu Falle kommt, fordere ich die wohl-
geborenen Landstünde insgesammt und einzeln auf, daß, iufoferne sich unter ihnen ein
Individuum befinden möchte, welches eine unwiderstehliche Neigung in sich verspürt, das
Pferd oder den Ochsen seines Nächsten sich anzueignen, dasselbe, weil noch Zeit dazu, in
sich gehen und sich von nns absondern und dieses heilige Natioualfest nicht beflecken möge."
Anf welches hin in der That zwei Bursche aus der Gegend von X sich aus der Schar
sonderten und ohne Weiteres den Weg in ihre Heimat antraten. . . . Ohne Trnnk sind
natürlich auch die früheren Wahlen nicht vor sich gegangen und gar manche Familie von
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch