Seite - 340 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5

340 ansehnlichem Besitz hat ihr Permögen eingebüßt, weil ihr Oberhaupt den Ehrgeiz hegte, Mcegespan oder Ablegat zu werden. Es kamen auch kortvs vor, welche den Wein beider streitenden Parteien tranken; diese nannte man ,ket kulncsos« (Leute mit zwei Feld- flaschen). Anderseits ist es aber auch vvrgekvmmen, daß eine adelige Gemeinde nm das empfangene Bestechnngsgeld einen Zuchtstier kaufte, diesem den Namen des Bestechers beilegte und bei der Restauration gegen den Geldgeber stimmte. Der politische Kampf artete mauchmal dermaßen aus, daß sogar die beiderseitige» Wahlversammlnngsorte (tnnxa) angezündet wurden. Das ist aber lange her. Der Pfingstkönig. Am Tage der „rotheu" Pfingsten versammeln sich auf dem „Hanse des Dorfes" (Rathhaus) die Ältesten der Ortschaft, wie es sich nach beendetem Gottesdienste ziemt, uud pflegen Rath über die vorzunehmende Wahl des Pfingstkonigs. Draußen knallen mittlerweile junge Bursche hoch zu Roß mit den Peitschen und treiben allerlei Scherz untereinander. Wenn dann die Herren von der Obrigkeit da innen das bauchige Tintenfaß schier leer geschrieben haben, erscheint der gestrenge Herr Kleinrichter, eine große rothseidene Fahne in der Hand, einen mächtigen Brautführerstrauß seitwärts an der Mütze, uud gibt eiu Zeichen, worauf die braune Musikbande, die sich im Hausflur nieder- gelassen, ihre schönste Weise anstimmt, von der sogar die Pferde sammt nnd sonders zu tanzen uud zu hüpfen beginnen. Die Bursche drücken sich die Mütze fester auf den Kopf, stemmen sich noch strammer im Bügel, und jetzt heißt es: heut' siud rothe Pfingsten, heut' soll sich's zeigen, „wer im Dorfe der Bursch' ist". Spiel' einen Marsch! herrscht man dem Zigeuner zu. Der Klarinettbläser hält sein Werkzeug dem Herrn Kleinrichter dicht ans Ohr, um ihu von seiner guten Absicht zu überzeugen, worüber dem Wackeren fast das Trommelfell platzt. Der Klaug der Musik lockt die ganze Bevölkerung in dichten Scharen anfs Feld hinaus, die Einen zu Fnß, die Anderen zn Wagen, dort besetzen sie den ganzen Anger, zu zehu uud zwanzig auf einem Fuhrwerk, das jüngste Völkchen erklettert die Bäume und schaut von da oben, wie von einer Galerie, dem nahenden Festzug entgegen, den es deu Untenstehende« mit lautem Geschrei ankündigt: „Da kommen sie schon! Da kommen sie schon!" . . . Freilich kommen sie! Voran schreitet der Herr Kleinrichter. Der liebe Gott hat ihm diesmal wohl gewollt uud ihm ein Pferd zum Aufsitzen verschafft; wie fängt er es nur an, daß er sich mit der rothen Pfingstfahue nicht die eigenen Augen aussticht? Hinter ihm drein die Zigeunerbande, auf einem langen Streifwagen aufgereiht; der „primäs" (Primgeiger) steht aufrecht im Wage» und streicht die Fiedel so gewaltig, daß er mit dem Bogen schier allen seinen Genossen die Mütze vom Kopse schlügt; den Trompeter schilt der Kutscher in einemfort, weil er ihm just ins Ohr hineintrompetet; hinten im Schrägen sitzt rothhosig der Baßgeiger und zetert auf die Metzgergesellen los, ans Angst vor den Hörnern des Farren, den sie allzudicht hinter ihm her führen. Zur Unter-