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Satz, noch ein Kniedruck, und der Eine ist vor dem Anderen am Ziele. Der Schimmel ist's.
Aber nur um eine Kopflänge früher hat er die rothe Fahne erreicht.
Die Reiter kehren zurück und stelle« sich wieder iu die Reihe; auf den dritten Schuß
beginnt eiu neues Rennen. Der Reiter des Rappen lächelt nur so iu sich hinein und läßt
dem Rosse seines Mitbewerbers sogar ein paar Klafter Vorsprnng. Dann aber gibt auch
er dem Rappen die Sporen, läßt Alles hinter sich, und ist bald Seite an Seite mit dem
Schimmel. Sie laufen beide gleich gut. Rosse und Reiter sind von gutem Schlag. Keiner
gibt dem Anderen nach. Die ganze Volksmenge ruft ihnen brausend nach: Laß nicht aus,
Schimmel! Laß nicht aus, Rapp'! Drück' zu, Jauesi! Drück' zu, Miska! Uud jetzt ist der
Rappe um einen Kops früher am Pfosten. Der Richter könnte schon füglich sein Urtheil
fällen. Nur gemach, mein Herr Richter, noch einen Lauf gilt's, um's Leben. Der soll's
krönen. Wer jetzt gewinnt, der ist Psingstkönig.
Das dritte Mal laufen nur die beiden Sieger der früheren Rennen, die Anderen
stehen bei Seite. Den Rappen hat sein Reiter bis jetzt noch mit keinem Schlag berührt,
seine kurzstielige Peitsche hängt auch jetzt am Halse des Pferdes; aber ein geschmeidiges
Weidenrüthchen schneidet er sich nun ab und gibt seinem Pferde beim Abgehen zwei
Streiche. Von dieser Berührung wild geworden, greift das Roß aus wie ein wüthender
Sturmwind, weit hinter ihm zurück bleibt der Schimmel, der siegreiche Bursche wendet
mitten im Vorwärtsrasen das Autlitz nach dem hinter sich gelassenen Partner zurück, als
wollte er ihn fragen: „Wo bist dn denn geblieben, mein Knechtlein?" Die ganze Volks-
menge bricht in Händeklatschen ans. Dem trinmphirenden Reiter des Rappen windet man
einen Kranz um den Hut, aus Blumen und langen Tranerweideuzweigen, er ist der
Psingstkönig, er führt beim Abendtanz den Reigen. Ein ganzes Jahr lang heißen sie ihn
den Psingstkönig. Und man glaube nicht etwa, daß dies ein leerer Titel sei. Gar bedeutende
Vorrechte sind damit verknüpft. Der Psingstkönig ist ein Jahr lang zu allen Hochzeiten,
Festlichkeiten und Unterhaltungen geladen; seine Genossen sind gehalten, ihm Pferd und
Vieh zu hüten, und sollte er vielleicht irgend ein kleines Vergehen zu büßeu haben, so darf
er nicht körperlich gestraft werden. Ein solcher Herr ist der Psingstkönig ein volles Jahr
hindurch. Dann freilich hat das Psingstkönigthum ein Ende, wenn nicht vielleicht wiederum
der Rappe Sieger im Pfingstreunen wird.
Der insur^ens . Diesen Namen führte der adelige Landsturmmann, der an den
ersten Napoleonischen Feldzügen theilgenommen hatte. Auch in ihm war die alte Tapferkeit
lebendig; mannhaft schlug er sich in einzelnen Trupps, regimenterweise kämpfte er bei
Wagram und Aspern, seine Bewaffnung jedoch war die dürftigste von der Welt. Unter
Anderem ließ das oberste Kriegscommaudo den berittenen Insurgenten Bajonnet te
zutheilen. Als nach der Niederlage bei Raab die zersprengten Scharen sich auf Ofeu
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch