Seite - 346 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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jene unter. Csalöka Peter löst ein gutes Stück Geld für die Ochsen, und während er es
zählt, kvinmt ein Hochzeitszug des Weges. Da macht er den Hochzeitsleuteu weis, er habe
das Geld aus einem Brunnen geschöpft, und sagt ihuen, wo der Brunnen sich befinde. Sie
laufen alle spornstreichs hin und die Braut bleibt allein zurück. Csalöka Peter beredet
diese, seine Frau zu werden, übergibt ihr sein Geld und schickt sie zu sich nach Hause. Er
selbst tauscht mit ihr die Kleider und bleibt dort, um den Bräutigam zu erwarten. In der
Hochzeitsnacht aber, deren Schauplatz der Heubodeu ist, schmuggelt er einen großen
Ziegenbock auf seinen Platz neben den Bräutigam hin, was diesen in große Bedrängniß
versetzt. In einemsort fragt er die aus dem Boden schlafende Mutter: „Frau Mutter, habt
ihr denn auch zwei Höruer gehabt, als ihr Braut wäret?" — „Dein Vater hat welche
gehabt, du wirst auch welche haben; schlaf' in Frieden!" Csalöka Peter versteckt sich
unterdessen in einem Bienenkorb. Das Hochzeitsvolk will Honigwein trinken und kommt
heran, Honig zu stehlen. Just an den Korb machen sie sich, in welchem Csalöka Peter
steckt, und dieser hetzt sie dermaßen durcheinander, daß sie sich zuletzt durchprügeln; er aber
entwischt nach Hause zur Braut und lebt dann in Freuden weiter.
Im Laufe der Zeit veralte» ganze Anekdotenkreise, die ehedem allbekannt gewesen.
Verschwunden ist aus dem Stndentenleben jener Humor, der sich aus der Umgehung der
klösterlichen Clausur und aus der patriarchalischen Gemüthlichkeit der „Legations"-Fahrten
entwickelte, es gibt keine .Kainkün"-Bursche mehr, sogar die technischen Ausdrücke des
„Collegiums" sind in Vergessenheit gerathen; verschwunden ist das Debrecziner „Makhi-
nistenthum"; sogar der große Stock uud der kleine Stock, an die sich so viele Anekdoten
knüpfen, sind nnr noch unter den Alterthümern des Museums zu sehen, obgleich es noch
heutigen Tags einzelne „Scythen" gibt, welche dieselben mit ausgestrecktem Arm zu heben
und um deu Kopf zu schwingen im Stande sind. Ehedem waren sie die Abzeichen, mittelst
deren sich die Feuerwehr freie Bahn schaffte. Es gibt keine „Mendikanten" (Bettelstudenten)
mehr, an die sich so viel eynischer Hnmor knüpft. Die Classe der Zuraten vermehrt nicht
mehr, wie eine knrze Zeit hindurch geschehen, die privilegirten Licht- und Schattenbilder
der jungen Generation; es gibt keinen .verbunkos«, der mit Hilfe seiner drastischen
Einfälle auf dem Marktplatz die Mannschaft anwirbt. Erloschen ist die privilegirte Macht
des Adels sammt den alten Restauratious-Kuilststückchen (an deren Stelle freilich andere
getreten sind), die Sorte der Döbrögis läßt nicht mehr ihr gebieterisches Wort erschallen
und dictirt dem Bauer keine Fünfundzwanzig mehr; die Sonderlinge nach Jözsa
Gynri'scher Schablone finden heute keine Welt vor, in die sie hineinpassen, und dem wild-
romantischen „Armen-Burscheuthum" und den mit ihm verbundenen „Betyären"-Anekdoten
hat die Einrichtung der Gendarmerie ein Ende gemacht; der magyarische Volkshumor
jedoch ist trotz alledem erhalten geblieben und findet neue Stoffe iu der neuen Zeit.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch