Seite - 351 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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Zuweilen flackert wilde Prahlerei auf, Verachtung der ganzen Welt, Trotz gegen
jegliche Macht, vom Rausch erhitztes Kraftbewußtsein, am Ende gewinnt aber doch wieder
das melancholische Hindämmern ob des unvermeidlichen Unglücks die Oberhand und mitten
in diesen Dornenstrauß gebunden steckt wohl eine wilde Pnsztenblnme, ein leichtfertiges
Liebchen, wie es zum Betyären paßt, das Schenkmädchen mit dem Hnndertgnldentüchlein
am Halse, bestimmt, den verrathenen Liebhaber schließlich an den Galgen zu liefern. Aber
es gibt auch Lieder, welche das Betyäreulebeu nach der Weise des echten Genrebildes mit
seiner ganzen Elendigkeit schildern; ein solches ist „Buga Jakabs Sang":
„Was trauerst, Brodgenoß, da du doch gar nichts hast?"
Woranf der Gefragte folgendermaßen antwortet:
„Bloß ist meine Rippe, Tolmäny hängt in Fetze»,
Meiner Schulter Blatt muß schlapp der Kalpag wetzen,
Rößlein fehlt vou manchem Huse längst das Eise»,
Und wo euis noch klappert, will es auch schon reißen.
Meinen Mantel hat des Regens Guß zerwascheu
Uud zum Henker geht die letzte meiner Taschen,
Meines Wolfsfells Haare rieseln schäbig nieder.
Rußig ist mein Hemde, wer soll's waschen wieder?"
Die späteren Volkslieder zeigen auch hierin ein Sinken; an die Stelle des ehemaligen
schneidigen Schwadronirens ist vielfach der Aberglaube getreten, der schweifende Betyär
weiß vom verfolgenden Pandnrenlieutenant zu siugeu, er habe eine „Teufelsmütze auf
dem Kopfe, einen Stahlspiegel im Sack bereit, damit sieht er sieben Meilen weit. Unterm
Arm ein Enlenang', so sieht in finst'rer Nacht er auch. Mit Eidechsblut mischt er seinen
Wein, drum bangt ihm nicht selbst ganz allein; den Schunrrbart wichst er mit Schlangen-
schmalz, den Säbel schmiert er mit Hahnenschmalz." So lange der nicht da war, sei der
Betyär Herr gewesen zwischen Maros und Theiß. — Diese Art vou Volkspoesie ist sammt
ihren Helden schon im Aussterben begriffen, und das ist nicht vom Übel.
In den Spott l iedern finden wir die Verkehrtheiten des Volkes gegeißelt, Trunk-
sucht und Lumpeuthum, die geputzte Armuth uud schäbige Voruehmthuerei, den Luxus der
Frauen, die Kniffe der schwiegersohnsüchtigen Mutter, die Steisleiueuheit der Damen aus
der „Nyir"-Gegend, die Winkelzüge der Obrigkeiten und besonders häufig das Soldaten-
lebe», z. B.:
„Schlüge doch der Blitz iu Metzgers Beil hinein!
Warum hat dem Kalb er abgehackt die Bein'? Kälblein kau» auf eig'ueu Füße« nicht mehr trabe»,
Der Soldat muß. Ärmster! huckepack es tragen,"—
oder wo der Soldat „sich Sterne zum Abendbrod herabgnckt." Die Soldatenl ieder
aus neuerer Zeit, besonders aus den Fünfziger- und Sechziger-Jahren, haben nnr Töne
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch