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Künstlerruf bis in unsere Zeit lebendig geblieben, ihre Ausbildung auf Veranlassung des
Grundbesitzers im Gömörer Comitate Johann Länyi erhalten. Panna Czinka heiratete
und beschenkte dann die Nation niit nicht weniger als dem Personal von zwei Musikbanden.
Sie starb in hohem Alter (1772 im Gömörer Comitat) und ließ kraft letztwilliger
Verfügung ihre Amati-Geige, die sie einst vom Cardinal Csäky zum Geschenk erhalten,
an ihrer Seite begrabe». Wir haben Anhaltspunkte dafür, daß jene Art des Ausbildeus
von Zigeunern, welche man in unseren Tagen an so mancher wilden Provinzbande
vorzunehmen pflegt, schon im XVIII. Jahrhundert nichts Neues mehr war. Es hatte
nämlich auch damals, so wie gegenwärtig, jeder ungarische Musikliebhaber seine eigenen
Lieblingsweisen.
Bei öffentlichen Gastmählern und Unterhaltungen pflegte der Primgeiger diese
Weise dem Betreffenden, an dessen Ohr herabgeneigt, vorzuspielen. Da begann dann die
Lection, das heißt, der Zuhörer saug nun die richtige Melodie seinerseits dem Primgeiger
so lange ins Ohr, bis dieselbe um eine Variation ärmer oder wohl auch um eine neue
Wendung reicher geworden war. Daraus folgte schließlich nicht nur, daß der Zigeuner die
Weise jedes Einzelnen kannte, sondern ohne Zweifel auch, daß die Palastmusik nationaler,
melodiöser und klangvoller wurde, zumal das Volkslied sowohl auf die Fachkundigen als
auch auf die dilettireiiden Protektoren von großem Einfluß war.
Im Laufe eines so gearteten Musiklebens erreichte die Palastmusik in der ersten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts ihre größte Entwicklung unter Mitwirkung geschulter
Musikgestalten und echt magyarischer Komponisten. An der Spitze einer jener Gesellschaften
stand Graf Stefau Fäy, ein Musikfreund uud Klaviervirtuose von gründlicher Bildung,
auf dessen Ahnenschloß (in der Ortschaft Fäy des Abanjer Comitats) von Zeit zu Zeit
zahlreiche Dilettanten zusammenzukommen pflegten. Man veranstaltete dort theils
Orchester-, theils Streichquartettaufführungen bald von classischen Musikstücken (Haydn,
Mozart), bald von neu entstandenen Werken der ungarischen Palastmusik. Die Chronik
jener Zeit macht uns auch mit mehreren Mitgliedern dieser Gesellschaft bekannt, indem sie
schreibt: „In dieser Musikgesellschaft gebührt der erste Platz mit Recht dem gräflichen
Dirigenten (Stefan Fäy) selbst, der das Fortepiano, als leitendes Instrument, Dank einem
über seine jungen Jahre und über alle Erwartungen weit hinausgehenden Talent, mit
erstaunlicher Meisterschaft spielt. Johann Liszt, des hochlöblichen Szathmärer Comitates
Chirnrgns, verdient ob seines seltenen ausgezeichneten Talentes zum Musiciren der
ungarische Orpheus dieser Gegend genannt zu werden. Er war ein trefflicher Geiger und
zeichnete sich besonders durch die vollkommene Ausführung der nationalen Weisen aus.
Von einer schätzbaren patriotischen Gesinnung gedrängt, verwandte er all sein Talent auf
die Veredlung des ungarischen Liedes. Seine Wohlgeboren Herr Emerich Berczik de Jäszö,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch