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der Mittel- oder Seitennühte geschmückt ist. Auf der Weste liegt ein flott über die Schulter
geworfener pelzverbrämter und verschnürter Dolmäny, meist ans schwarzem oder dunkel-
blauem Tuch, und soviele Taschen sich an Dolmäny und Weste finden, so viele farbige oder
zierlich ausgenähte weiße Tücher lassen ihre Ecken herausguckeu, — leichte Beute oder
werthe Liebesgabe, in beiden Fällen Siegeszeichen aus lieber Hand. Den umgeschlagenen
Hemdkragen hält ein leichtes Schleier- oder Seidentuch zusammen. Auch trägt, und trng
man besonders vor Alters, hier und da acht bis zehn Ellen lange Halsbinden, welche nach
längerer Benützung schwarzen Stricken glichen. Es gab indessen anch eine Männertracht
ohne jede Halsbinde, besonders bei den Jazygern, was sogar dnrch ein kumanisches Sprich-
wort verewigt wird. („Das soll der Jazyger einmal versuchen ohne Halstuch!")
Den unteren Theil des Hemdes gürtet eine faltige („tausendfältige") Leiueu-
Gatya fest an die Taille und fällt dann in weiten Falten bis ans Knie oder etwas unter
das Knie hinab, wo es mit Spitzen, Fransen oder einem einfachen Saume abschließt.
Dieses Kleidungsstück geht zuweilen mit seinen Hosenbeinen von der Weite eines Weiber-
rockes und seinem an das Albanesische erinnernden Faltenwurf über jedes Maß hinaus.
Sitzt der junge Bursche zu Pferde, so bedeckt seine weitschichtige Gatya, einem rnnden
Mantel mit zwei Flügeln gleich, sein Pferd und flattert im Winde mit den Hemdärmeln um
die Wette. Um die Leibesmitte sieht man zuweilen einen schmalen Gürtel aus Glanzleder
oder ein farbiges Seidentuch oder die kurzgestielte Peitsche geschlungen. In diesem Gürtel
oder in dem tausendfach gerafften Faltenwulst der „Gatya" steckt, mit seidenen Blumen
ansgeuäht, der große, tellerrunde Tabaksbeutel, an dessen zahlreichen Riemenfransen der
Stahl, das Beutelchen (s?eiies) mit Stein und Schwamm, das kupferne Schänfelchen, die
Glutzange und anderweitige volksthümliche Jonjonx und Bijoux klingeln, wie dies unsere
Zeichnung eines Csikösbnrschen aus dem Alföld erkennen läßt.
Wie sehr dieses Kleidungsstück den nationalen Stempel trägt, dafür spricht die
Mode von 1861, als sogar die vornehme Jugend es zu tragen begann, allerdings auch
bald wieder ablegte und, sammt dem langen, dünnen Knotenstock, dem Bolke zurückgab,
wie es ihm ja auch nach mehrjährigem allgemeinen und demonstrativen Gebrauche die
reich mit Schlaugeuverschnürung besetzte, mit einem Riemen um die Taille befestigte, in
die Stiefelschäfte hineingezogene kurutzeumäßige enge ungarische Hose wieder über-
lassen hat, die an Stoff und Farbe dem Dolmäny entspricht. Dieses von den oberen
Classen ererbte Kleidungsstück ist in weitester Ausbreitung ein Bestandtheil der ungarischen
Galatracht für Städter und besonders auch bei den Deutschen in der Umgebnng der Städte
so beliebt geworden, daß sie im Tragen desselben mit den Magyaren wetteifern.
Um die bei der Frauentracht angenommene Reihenfolge innezuhalten, müssen wir
uuter deu Stücken der männlichen Volkstracht auch die Schürze erwähne». Wenn auch
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch