Seite - 402 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Bild der Seite - 402 -
Text der Seite - 402 -
402
gestülpt, denn so trägt sie auch das Schaf". Es ist nicht zu wundern, daß auch dem Fremden
die Suba nicht wenig auffällt. Neulich erklärte sich ein gelehrter Franzose höchlichst über-
rascht, als er in der großen Kirche zu Debrecziu die Gesänge Gondimels von ein paar
hundert Greisen singen hörte, welche in „Thierfelle" gekleidet waren. Möglich übrigens,
daß diese Thierfelle nicht einmal die wirkliche Suba waren, sondern die „Gnba" der
oberen Theißgegend. Diese ist ein Überwurf aus der Zackelwolle gewebt, manchmal weiß
oder grau, am häufigsten aber schwarz, und erinnert Dank ihrer Verzierung mit blutrothem
Tuch eher an die Hunnen, wie sie mit teuflischem „Hnj-Hnj"-Geschrei sich in den Kampf
stürzten, als an die frommen Gesänge Gondimels.
Ein allgemein getragenes Oberkleid unseres Volkes ist noch der „Szür" (Loden-
mantel), der aber auch bei den übrigen Volksstämmen des Landes heimisch ist. Sein
Stoff ist das aus rauher Schafwolle gewebte sogenannte Szür-Tuch. Seine Abarten
sind: der bis zur Leibesmitte reichende „Szür-Dolmäny" ohne jeglichen Schmuck, in den
südlichen Comitaten von Kindern und bei Regenwetter auch von Frauen getragen, dann
der „Kapuzen-Szür", der „Szür-Kragen", „Szür-Mantel" und „Schweinehirten-Szür"
(KÄIMS2-S2ÜI-). Der „alte (das heißt lange) Szür", der sackförmig geschnitten ohne jeden
Aufputz bis unters Knie reicht, gehört für ältere Männer; die „Szür-Jacke" dagegen, welche
kaum bis zum Knie reicht und, soweit es der Stoff zuläßt, einen Taillenschnitt hat, wird
in Gegenden, wo auch die Suba zu Hause ist, von Männern in den besten Jahren, flott
umgeworfen auch als Gala-Oberkleid getragen. Die Erklärung dafür liegt in dem
Anständigkeitsgefühl ihrer Träger. Die Suba nämlich ist das Gewand der Ruhe und des
Festtags; man kann sie anlegen, um in die Kirche, auf die Brautwerbung, Brautschau, in
die Rathsversammlung u. s. w. zu gehen, vor einen Höhergestellten aber tritt man nicht
in der Suba, weil es sich nicht schickt, sie in ein Herrenzimmer mitzunehmen. Im Hemd
oder Westenleibchen kann man da auch nicht eintreten, wenn man nicht etwa für einen
Sträfling oder Knecht gehalten werden will. Daher ist der Szür der Galarock. Und in
der That spielt der Mann aus der Donau-Särköz-Gegend mit seiner hohen aufrechten
Gestalt, wenn er seine Kordnanstiesel über die schwarzen Beinkleider gezogen und die
schwarze Weste mit den Stahlknöpfen angethan hat, den weißen, schneeblanken Szür sich
leicht um die Schultern wirft und sich das kecke runde Hütchen aufs Haupt drückt, keine
zu verachtende Figur.
Als einen Theil der allgemeinen Volkstracht kann man noch das — Rasiren
betrachten. „Ohne Schnurrbart kein Magyar", sagt das Volkslied, das aber nicht
anders citirt wird, als mit dem Nachdruck auf dem zweiten Worte, gleichsam um auf den
hinzugedachten Nachsatz zu verweisen: „nicht aber ohne Bart". In der That gilt der
Vollbart bei dem Magyaren als Herren-Äfferei oder Cynismus oder Demagogenthum,
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch