Seite - 424 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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mochte: Überfluß aber kannte der Landwirth nie und nimmer, so wenig wie sein Hausvolk
und Hausvieh' deu Mangel, die Noth kannten sie aber um so genauer. Der Wohlhabendere
kaufte, und kauft sich Schafe, läßt sie übersommern und melkt sie, um sie im Herbst, wenn
sie fett geworden, zu verkaufen, oder, wenn sie nicht verkanfbar, zn schlachten. Im Frühling
können wir noch jetzt melkbaren Schafherden begegnen, welche jenseits des Kiralyhägö
gekauft sind, und von Bauern in breitkrämpigen Hüten dorther, oft sogar längs der
Eisenbahn zu Fuße, denn so kommt es billiger zu stehen, nordwärts getrieben werden.
Aus ihrer Milch werden der „Tätraer" und Liptauer Topfenkäse bereitet und der vielfach
beliebte mit grüner Rinde bedeckte Klenöczer Käse. Drunten im Thale steht das Holzhaus
des Landwirthes. Am Ende des Hofes erhebt sich die Scheuer; Häuser und Scheuern
stehen so nahe beisammen, daß bei einer Feuersbrunst das ganze Dorf unrettbar verloren
ist. Das Feld ist theils mit Getreide: Korn, Gerste, Hafer, theils mit Kartoffeln bestanden;
Klee, Wicken und andere Futterpflanzen sieht man selten; hie und da erfreut ein Streifchen
Leinsaat das Auge. Dem Vieh sieht man den Mangel der Futterproductiou nur zu sehr
au, noch mehr aber zeigt sich dies an den ausgesogenen Äckern. Auf den Bergweiden oder
Alpen gibt es keine Sennereien; dort ist es nicht Sitte, die Weiden zu räumen und zu
düngen, damit Heu wachse und zu schlimmen Zeiten ein Ersatz für die Weide vorhanden
sei; meist ist keine Sennhütte da und kein Stall, in dem die Thiere die kalte Nacht
zubringen könnten; darum weiden nur Jungvieh und Schafe oben im Gebirge. Die ersten
Versuche von Alpeuwirthschast siud bis jetzt nur in den östlichen Karpathen zu finden. Der
Wald war der Reichthum dieser Gegend, aber den Wald hat der Besitzer verwüstet und
die Waldverwüstung macht sich jetzt auch schon in der Landwirthschaft fühlbar; in einzelnen
Kreisen, z. B. im Csaßaer Kreise des Trencsiner Comitats, beginnt dies nur zu augen-
fällig ^n werden und es wäre ein Glück, wenn man diesen ganzen Kreis, wie nicht minder
den oberen Theil des Zempliner Comitates, wo der Boden so arm ist, der Fichte überlassen
wollte und der Landwirth anderwärts ein ergiebigeres Terrain für seine Thätigkeit
suchen würde.
Zwischen dem oberen Theile der Comitate Liptau und Säros liegt die Zips, deren
Bild sich wieder ganz anders darstellt. Die Häuser in den Dörfern sind aus Stein gebaut
und recht geräumig, die Scheuern sind groß und selten leer, jedes Haus hat seineu Garten
und der Zipser Landwirth weiß, wenn auch nicht ohne Anstrengung, die Gartengewächse
für seine Familie zu erzielen. Die Äcker sind gut bebaut, Getreide und Kartoffeln wechseln
ab und dazwischen keilt sich überall der Klee ein, auch Wicken und Rüben finden ihren
Platz. Der Flachs wird schon wichtig, was seine ausgedehnte Cultur hiulänglich beweist.
Die Pferde der Zipser Laudwirthe sind besser, ihr Vieh, wenn auch keineswegs
tadellos, denn in keiner einzigen Gemeinde des Comitats ist eine Herde von gleichmäßigem
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch