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flaumige, dehnbare Teig, jenes herrliche, schaumflockige weiße Brvd bereiten läßt, welchem
kein Land Europas eine gleich gute Qualität an die Seite stellen kann. In Folge seiner
Initiative wurden die Knnstmühleu im Lande heimisch und bildete sich die Pester
Walzmühl-Actiengesellschaft, deren aus England bezogene Constrnction, bei all der
Vervollkommnung, die auf diesem Gebiete gerade in Ungarn Platz gegriffen hat, der
Mühlenindnstrie noch hente gute Dienste leistet.
Solchen Anschauungen und dem Antrieb Szechenyis verdankt auch die erste
Zuckerfabrik ihre Entstehung; obgleich sie unter den späteren wirthschaftlichen Kalamitäten
sich nicht zu erhalten vermochte, hat sie doch ihren Nachfolgerinnen ein glänzendes Beispiel
gegeben, und ist die Begründerin der heutigen Znckerindnstrie Ungarns geworden,
welche selbst unter volkswirthschastlichen Verhältnissen, die in mancher Hinsicht ungünstig
sind, als blühend bezeichnet werden darf.
In gleicher Richtung angebahnt und auf die Veredlung der einheimischen Roh-
produkte abzielend, entstand die Spir i tnsprodnct ion, welche dnrch Placirnng großer
Capitalien nnd Entfaltung bedeutender Intelligenz jetzt auf eine so hohe Stufe der
Vollkommenheit erhoben erscheint, daß die gebildetsten Länder Europas zwar mit ihr
concurriren können, aber die Großartigkeit und vollendete Einrichtung ihrer Etablissements
nicht zu übertreffen vermögen.
Desgleichen wurde als Nebeuerwerbszweig der laudwirthschastlichen Bevölkerung,
aber auch als Grundlage eines selbständigen und hochwichtigen Industriezweiges die schon
im vorigen Jahrhundert begouueue Seidenraupenzucht verbreitet, iudem das land-
wirthschastliche Publicum zu ausgedehnte» Maulbeerpflanzungen bewogen wurde und
anderseits nach Errichtung von Haspelanstalten und Spinnereien schließlich auch eine
Seidenfabrik zu Stande kam. Dieser Industriezweig ging im Kampfe mit mißlichen
Verhältnissen wiederholt zurück, beginnt aber nenerdings doch wieder sich zu heben, und
alle Anzeichen deuten darauf, daß die einheimische Seidenindnstrie im Begriffe steht, eine
neue großartige Prodnctionsfphäre des Landes zu eröffnen.
Die langwierigen Zollkriege mit den Regierungen der österreichischen Länder
verschärften sich immer mehr, da Josef II., wenn auch iu wohlwollender Absicht, durch die
Zollsätze nur die Industrie der Erblande begünstigt sehen, Ungarn aber nur die Roh
productiou überlassen wollte; sie führten schließlich zur Entstehung des Schutzvereins.
In diesem Vereine bekannten sich die angesehensten Männer des Landes zu dem Grundsatze,
daß die ungarische Industrie, da sie durch keine Zollpolitik geschützt werde, an der Schwelle
nnseresHanses durch uns selbst geschützt werden müsse. Für so verfehlt auch die eutwickeltere
Volkswirthschaftslehre dieses scheinbar engherzige Verfahren erklärt, — obgleich ihre
heutige Rückbildung in den mit uns im Verkehrsverhältniß stehenden Ländern auch noch
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch