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greifen. Diese nämlichen Gebirge und Hügelgelände boten ihre reichen Erzschätze dar, ans
deren Grund sich in Ungarn schon frühzeitig, wenn auch meist von fremder Hand
betrieben, der Bergbau entwickelte. In diesen Thälern sehen wir die Hohöfen sich
erheben, da entstehen die Glashüt ten, wird die Kohlen- und Pottaschenbrennerei
betrieben, ragen die Walk- und Pochmühlen u. s. f. und es entfaltet sich jene Thätigkeit,
welche dem ungarischen Oberlande und den Gebirgsgegenden Siebenbürgens einen hervor-
stechend industriellen Charakter verleiht.
Das Alföld bleibt für alle Zeiten das reiche landwirthschaftliche Gebiet des Landes.
In seinem Bereiche sehen wir keine Industrie sich entwickeln, außer dem Handwerk, das
die gewerblichen Bedürfnisse des Alltags befriedigt. Die in der Ebene träge gewordenen
Flüsse liefern keine Triebkraft mehr, die Bevölkerung ist nicht dicht genug, aber auch nicht
arm genug, um in den Dienst der Industrie zu treten. Nur die mit der Landwirthschaft
verknüpfte, durch sie gestützte, von ihr unzertrennliche Mühlen- und Spiritus-Industrie,
Zucker- und Biersabrication zieht sich auf die ausgedehnteren Ebenen hinab. Aber auch
das nur, nachdem in fortgeschrittener Zeit der Dampf den ersten Platz unter den Motoren
eingenommen hat und zu seiner Erzeugung die Stein- und Braunkohle heranzieht,
deren Fundorte sich nicht in den höchsten Gebirgen, sondern in den die beiden großen
Becken umfassenden niedrigeren Berg- und Hügelgegenden am ergiebigsten erweisen.
Und gleichwie sich die Industrie, bei uns und anderwärts, unter dem reformireuden
Einfluß des Dampfes in ihren Productiousverhältnissen umgestaltet, findet diese
Umgestaltung unter dem Einfluß des Dampfes und der immer mehr vervollkommneten
Verkehrsmittel auch geographisch statt. Nicht die zwar billige, aber in manchen
Abschnitten des Jahres ungenügende oder gar fehlende Wasserkraft, nicht die Nähe des
Feneruugsmateriales, des Holzes oder der Steinkohle, bestimmt heutigentags die Stätte
für eine industrielle Niederlassung, sondern die Knotenpunkte des Verkehrs, welche zugleich
Brennpunkte der Bevölkerung geworden sind, die Städte , ziehen die Großindustrie an.
Weder der zur Verarbeitung gelangende Rohstoff, z. B. bei einer Maschinenfabrik das
Eisen, bei einer Tuchfabrik die Wolle, bei einer Porzellanfabrik der Thon, noch das
Feuerungsmaterial, Holz oder Kohle, fallen bei der wohlfeil gewordenen Eommnnication
so schwer in die Wagschale, daß bei sonst günstigen Factoren die Eoncurrenz den geringen
Frachtunterschied nicht aushalten könnte. Einer der mächtigsten Factoren dieser Art ist
aber bei jeder, mit noch so sinnreichen Maschinen und Arbeitsmitteln ausgestatteten
Fabriksindustrie die genügend zahlreiche, intelligente und ausgebildete menschliche
Arbeitskraft . Deßhalb bleibt die Bevölkerung auf dem Lande stationär, während sie in
den Städten beträchtlich anwächst. Deshalb zieht sich die Großindustrie nach den größeren
und über entsprechende Elemente verfügenden Provinzstädten und findet ihren weithinans
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch