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wirkenden Mittelpunkt in der Hauptstadt. Und dies ist keineswegs eiue betrübende Wahr-
nehmung, sondern vielmehr als eine der erfreulichsten Folgen der heutigen industriellen
Fortschritte in Ungarn zu betrachten, wodurch eigentlich dieses Land erst gleichberechtigt
in das industrielle Leben Europas eingetreten ist.
Für das ungarische Element aber hat diese industrielle Erscheinung der Neuzeit eiueu
großen Gewinn zur Folge. Ein Theil der fremdsprachigen Bevölkerung, welche die Gebirgs-
thäler bewohnt, strömt nämlich, der Richtung der Industrie folgend, in die Städte herab.
Diese Städte aber sind die Mittelpunkte der Intelligenz und des industriellen Fortschritts.
Nur ihre größere und intelligentere Volksmasse vermag nun den zugereisten Fremden mit
sich zu verschmelzen, der sich mit seiner Fachkenntniß oder seinem Capital zu eigenem Nutzen
und ohne jeden Nebenzweck der ungarischen Industrie zuwendet. Aber schon seine erste
Generation bekennt sich zur ungarischen Staatsbürgerschaft, erlernt die klangvolle Landes-
sprache uud liefert getreue Bürger dieses Vaterlandes. Durch die Industrie bereichert sich
also die ungarische Nation nicht nur materiell, sondern sie erstarkt auch moralisch und
veredelt sich geistig. Die im Bisherigen skizzirte historische Entwicklung der Industrie mag
sich ändern, aber sie wird nicht aufhören, sich der politischen und geistigen Entwicklung des
Landes anzuschmiegen. Hat sie sich geographisch verändert, so verdankt diesem Umstände
das Land nur eine mächtige Förderung.
Und so ist es hier nicht nöthig, die jüngstverflossene Entwicklung der Industrie
weiter zu untersuchen uud sie iu geographischer Hinsicht zu studireu; wir wollen vielmehr
nun einen Blick auf ihren gegenwärtigen Stand werfen, hauptsächlich innerhalb jenes
Rahmens und Spiegels, in dem sie sich mit ihren Werken und Werkmeistern auf der
großen Landesausstel lung von 1885 unseren Augen und denen des theilnehmenden
Auslandes dargestellt hat.
Eine richtige Gruppiruug der Industriezweige ist bisher nicht gelungen, obgleich
Ungarn sich in dieser Hinsicht auch schon auf internationale Bestrebungen berufen kann.
Vom Standpunkte der vorliegenden Übersicht aus ist dies übrigens von geringerer
Wichtigkeit und wir können uus ohne bedeutendere Abweichungen jener Eintheilnng
anschließen, welche bei der ungarischen Landesausstellung in Anwendung gekommen. Da
wären denn vor Allem Bergbau und Hüttenwesen zu behandeln; da aber diesen Industrie-
zweigen besondere Capitel gewidmet werden sollen, so sei hier sofort an den Überblick der
ihnen verwandten chemischen Industrie geschritten.
Diese ist, wenn auch nicht in allen Stücken, doch in ihrer entwickelteren Richtung
ein neuer Industriezweig, dessen Prodncte zum Theil um die Mitte dieses Jahrhuuderts
noch kaum bekannt waren. Auch in früherer Zeit wurden zwar im Lande Arzneikränter,
Harze und Färbestoffe gesammelt, aber die Fabrikation der heutigen Parsümeriewaaren
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch