Seite - 21 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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Wald nahe beisammen, sich gegenseitig in kleinen Pareellen durchdringend, geben im Verein
mit den inmitten ihrer Grundstucke verstreuten Bauerngehöften, den auf den Höhen sich
breitenden größeren Orten uud Straßenzügen der Landschaft den Charakter der Genüg-
samkeit, des in sich selbst zufriedenen konservativen Behagens, der durch den gemächlichen
Trott der Postgäule, durch den Frachtwageu vor dem Einkehrwirthshause noch verstärkt
wirkt. Binnen Kurzem wird das Dampfroß auch hier diese Vehikel, zur Zeit noch die
einzigen Verkehrsmittel im oberen Mühlviertel bis zur Donau herab, verdrängen.
Lustig flattert der Wimpel ans dem Schlößchen, das den Gipfel des Hansberges
schmückt. Von der Plattform seines gastlichen Daches böte sich eine entzückende Rnndsicht,
die nur im Südost durch den Schauerwald und die Warte etwas beengt wird, hinab zur
Douau, wohiu das Land in breiten Terrassen absinkt, hinauf zum Gebiet an den Mühl-
flüssen, das wir eben durchzogen. Doch wir müssen weiter. Da liegt ein breites Thal vor
uns, von der kleinen Rottet durchflössen. Am diesseitigen Hang ist das Pfarrdorf St. Veit,
am jenseitigen springt ein imposanter Felskegel ins Thal vor mit einer herrlichen Ruine
geschmückt, Schloß Waxeuberg. Nur au seinem östlichen Abhang hängt derselbe durch
eiueu Sattel, in dem ein Dörfchen und Jagdschloß des Fürsten Starhemberg liegt, mit dem
Ober-Nenkirchener Rücken zusammen. Durch die zerfallenden Mauern der Vorwerke steigen
wir empor zum Gipfel, wo die starkeu Maueru die Nessel umwuchert, der Holluuder im
Burghofe seine Sträuße bereitet, am hochragenden Söller Steinbrech, Fetthenne und andere
Schnttpflauzeu sprießen und die Zinnen des gewaltigen Thurmes von jungem Birkenlaub
übergrüut werden.
Schön ist es hier im Sommer, doch schöner noch im Winter. Wenn über dem Donau-
thale bis an die Alpenmauer hin kalte Nebelmassen lagern und in der Stadt die Leute
fröstelnd über die Gassen huschen, ist es hier hell und warm. Ein weißes Linnen ist über
die Landschaft gebreitet, die Teiche und Bächlein ruhen, glitzernd lagert der Sonnenschein
über ihnen, über den Thalrinnen, den Wäldern hängt wie feines Spitzengewebe ein zarter
Nebelschleier. Tiefer Friede liegt über dem kleinen Orte unter uns, aus dessen Gehöften
dünne blaue Rauchsäulen steigen. Hier und da schallt das frohe Jauchzen der in kleinen
Handschlitten den Berg hinabfansenden Schuljugend, das Schellengeklingel eines Schlittens
herauf. Der Rauhfrost hat iu langen Winternächten die dürren Halme am Wege iu
prächtiges Koralleugeäst verwandelt, wo ein Blatt des Herbstes am Strauch geblieben, ist
es vou fuukeludeu Reifkrystallen gesänmt, die Tranben der Vogelbeere sind weiß über-
zuckert. Kreuzschnabel hält Hochzeit, der Wald trägt das Festtagskleid, die vornehmen
Tannen prangen in Mäutelu vou Hermelin, weiße Federbüsche hat der Wachholder auf-
gesetzt, mit Perleufchuüreu uud Demautgeschmeide ist das Brombeergestränch behängt, ein
Springbrunnen ans flüssigem Silber schimmert die Birke. Dnrch die Büsche schlüpft der
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch