Seite - 46 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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Wir wenden uns nun dem Gosanthale zu. Von der Gosanmühle westwärts
lenkt eine anfangs steil ansteigende Straße unter der den Gosanbach in der Höhe von
45 Meter überbrückenden Soolenleitnng (Gosanzwang) in eine gegen 7 Kilometer lange,
zn beiden Seiten von steilen, zu 1,400 bis 1.800 Meter ansteigenden Berghängen begrenzte
Thalenge, das untere Gösau thal ein. Nachdem der schmale Thalgrund bereits
207 Meter über den Spiegel des Hallstatter Sees angestiegen ist, beginnt er mit einem
Male sich zu verflachen und zu erweitern. Nun eröffnet sich zunächst der Ausblick auf sauft
geformte, waldbedeckte Bergrücken im westlichen Hintergründe, doch lassen dieselben noch
in keiner Weise das großartige Gemälde ahnen, welches nach weiteren 2 zurückgelegten
Kilometern in Sicht treten wird.
Während unser Auge noch dem nächsten Wanderziel, der Zwieselalpe (1.584 Meter)
zugekehrt ist, taucht zur Linken derselben plötzlich das schroffe Felshorn des Kleinen
Donnerkogel (1.921 Meter) ans, ihm folgt unmittelbar der Große Donnerkogel
(2.052 Meter), und nun schiebt sich allgemach der ganze gigantische Zackenkamm des
Gosaner S te ins , von rechts nach links immer höher ansteigend, vor, bis die
2.412 Meter hohe Großwand den Abschluß bildet.
Ein größerer landschaftlicher Contrast läßt sich wohl kaum mehr denken, als wenn
man vom nördlichen Gehänge des mittleren Gosanthales aus sich dem letzteren zuweudet.
Ein breiter, ebener, nur vou einzelnen Unebenheiten überhöhter, in üppigem Grün
prangender Boden erstreckt sich 5 Kilometer weit gegen Südsüdwest. Zerstreute Häuser-
gruppen tauchen aus demselbeu auf, audere lagern auf Terrassen und niedrigen Vor-
sprüngen der beiderseitigen Waldhänge. Auf zwei nahe neben einander liegenden Hügeln
erheben sich die katholische und die protestantische Kirche, das ganze, über das weite Thal
verbreitete Dorf beherrschend. Aber unmittelbar über diesem lieblichen, von einem dunklen
Wälderkranze umrahmten Stillleben erhebt sich fast unvermittelt die gigantische, wild
zerrissene, von Hunderten phantastischer Spitzen und Nadeln gekrönte, von immensen
Schutthalden durchzogene und umlagerte, an beiden Enden schroff abgebrochene Wand des
bereits genannten Gosaner Steins, die langsam zerbröckelnde Riesenruine des vielleicht
mächtigsten Korallenriffes ans der mesozoischen Periode, welches die Alpen überhaupt
aufzuweisen haben.
Bildet in dem mittleren Gosanthale der grelle Gegensatz zwischen dem breiten
freundlichen Thalboden und dem wild emporstarrenden Zackengrat des Gosaner Steins
den Charakterzug der Landschaft, so ist das obere Gosauthal der reiuste Typus eines
hochalpinen Stufenthales. Es gibt keinen Punkt, welcher Gelegenheit gäbe, mit einem
Blicke die ganze Großartigkeit dieses interessantesten und malerischesten Thalabschnittes
des ganzen Traungebietes überschauen zu können, als die Zwieselalpe (1.584 Meter),
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch