Seite - 92 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
Bild der Seite - 92 -
Text der Seite - 92 -
92
Dir Ritter und Herren besetzten die Kirchen, welche ihrem Patronate oder ihrer Vogtei
linterstanden, mit Prädicanten und zogen die Stiftungen an sich. Erhielt sich auch hier
und da, wo der weltliche Arm eingriff, ein katholischer Pfarrer im Besitze der vereinsamten
Äirche, — die Gemeinde strömte in die Kapellen der Schlösser und in die Znkirchen, um
dem Vortrage des „wahren göttlichen Wortes" und den Ausfällen gegen „die päpstliche
Abgötterei" begierig zn lauschen. Selbst jener Bruchtheil des katholischen Clerns, der
noch vom Bisthume Passau die Ordination empfing, war häufig verehlicht, enthielt sich
katholischer Gebräuche uud spendete das Abendmahl unter beiden Gestalten.
Schon der Ausschußlandtag der fünf niederösterreichischen Lande in Wien hatte 1556
von Ferdinand das „wahre, reine Wort Gottes ohne menschlichen Zusatz" gefordert;
wenn auch der König an dem Principe festhielt, daß der Unterthan sich nach der Religion
der Obrigkeit zu richten habe, sah er doch von Zwangsanwendung ab und gestattete den
Gebraiich des Kelches. Mit Kaiser Maximilian II. bestieg ein Freund der nenen Confession
den Thron. Über Bitte der oberösterreichischen Stände um gleiche Begünstigung mit
jeueu von Niederösterreich bewilligte der Kaiser am 2. December 1568 die Freiheit der
Religionsübung nach der Augsburger Confession den zwei oberen Ständen für sich und
ihre eigenen Unterthanen auf ihren Schlössern nnd in ihren Häusern in den ihnen unter
thänigen Städten und Dörfern, sowie in allen Kirchen ihres Patronates. Ein gleiches
Begehren der sieben Städte, welche gleich den Klöstern als kaiserliches Kammergut galten,
wies der Kaiser zurück; die thatsächliche Übung der Augsburgischen Confession wurde
jedoch geduldet uud deHute sich nun auch auf die dem geistlichen Stande gehörigen
Flecken und Dörfer aus. Von einer Religionsfreiheit des gemeinen Mannes war keine
Rede; die protestantischen Herren nahmen ihren Unterthanen gegenüber das Reformations-
recht ebenso streng in Anspruch wie die Fürsten des Landes.
Auch in anderer Weise erwies Maximilian den Ständen seine Gunst. Er freite das
Landhans, das sie aus dem verödeten Minoritenkloster (1566 bis 1570) erbant; ein
ständisches Execntivorgan, ähnlich dem heutige» Landesausschusse, war 1526 in dem
Verordnetencolleginm entstanden. Zur Unterbringung der Landschaftsschule überließ der
Kaiser den beiden oberen Ständen das verlassene Minoritenkloster in Enns 1566 und
zur Übung des evangelischen Gottesdienstes stillschweigend die Minoritenkirche in Linz.
In der jungen Kirche entstand durch den flaccianischen Streit über die Erbsünde eine
arge Spaltung. Eferding wurde der Hauptsitz der fanatischen Sectirer, bis sie Gundaker
von Starhemberg austrieb.
Aus Politik der freien Hand verweigerte Kaiser Rudolf II. bei feiuer Huldigung in
Linz 1578 den weltlichen Ständen die schriftliche Bestätigung ihrer Religionsfreiheit; die
Bürgerschaft in Linz wurde angewiesen, den katholischen Gottesdienst nicht zu vernach-
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch