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genug sogenannte Mischfvrmen, nnd es kann in der That recht schwer oder selbst unmöglich
werden, aus solchen Gesichtern etwas Typisches herauszulesen, —
Wir können unsere Betrachtung der physischen Beschaffenheit der Bevölkerung
Oberösterreichs und Salzburgs uicht schließen, ohne einer Erscheinung zu gedenken, die
gewiß Jedem, der unsere herrlichen Alpenländer auch uur flüchtig bereist hat, aufgefallen
ist und das Mitleid jedes Menschenfreundes wachrufen muß. Wir meinen die weile
Verbreitung des Kretinismus. Bekanntlich verstehen wir darunter eine in allen unseren
Alpenländern endemische, stets mit ausgesprochenen körperlichen Mißbildungen einher-
gehende psychischeEntwicklungshemmnng. Wir
brauchen nur an die blöden, glanzlosen Augen,
die tief eingezogene breite Nasenwurzel, den
breiten Mund, die stark gewnlsteten Lippen,
die dicke, leicht zwischen den Zähnen vor-
fallende Zunge, den kurzen, breiten, gewöhnlich
noch durch einen Kropf verunstalteten Hals,
die überhängende Haltung, den schwerfälligen,
watschelnden Gang dieser bedauernswerthen
Individuen zu eriuueru, um Jedem, der unser
Salzkammergut besucht hat, Gestalten ins Ge-
dächtniß zu rufen, die ihm leider nur zu häufig
aus seinen Wegen begegnet sind.
Diese ihrem Wesen nach noch lange
nicht genügend aufgeklärte Krankheitsform
zeigt in Oberösterreich eine viel geringere Ver-
breitung als in Salzburg, welches Land als
einer der Hauptherde des alpinen Cretinismns anzusehen ist. Nach den Ergebnissen der
Volkszählung von 1880 beträgt die Zahl der in Oberösterreich vorkommenden Cretinen
bei einer Gesammtzahl der Civilbevölkerung von 754.521 1168; es entfallen demnach
auf 100.00(1 Bewohuer 155 Cretiueu.
Im Salzburgischen dagegen beträgt ihre Zahl bei einer Civilbevölkernng von
162.041 500, und es entfallen daher auf 100.000 Bewohner 309 Cretinen, also genau
das Doppelte der für Oberösterreich gefundenen Zahl.
Einzelne Bezirke nnd Gemeinden erscheinen relativ arm, ja selbst vollkommen frei
von Cretinen; in dieser Beziehung ist besonders die Stadt Salzburg hervorzuheben, die,
obwohl inmitten einer keineswegs ganz seuchenfreien Gegend gelegen, doch keinen Cretin
aufweist; aber auch in der nächsten Umgebung Salzburgs scheint der Cretinismns
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch