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und die Ringe an der linken und rechten Hand vollkommen, um den Eindruck der Wohl-
habenheit zu vervollständigen.
Denselben Eindruck ruft das Porträt ihres Gemals hervor. Frei und offen schant
das Auge in die Welt. Auf dem glatt rafirten Angesichte liegt es wie ruhiger Ernst, fast
mit einem gewissen Anfluge von Stolz. Den Leib umhüllt eiu Rock von grünlichem Tuche
mit im Nacken sich empordrängendem Sammtkragen und vor der Brust reich verschnürt.
Dazwischen schaut eiue Weste von schwerem, bnntgeblnmtem Sammt und der mit Pfauen-
sedern ausgenähte Bauchgurt hervor. Den Hals umfängt ein zusammengefaltetes Seiden-
tuch, über das sich der weiße Hemdkragen stülpt, als wäre er die Grundidee znm späteren
„Vatermörder". Am kleinen Finger der rechten Hand steckt ein goldener Siegelring.
Im Gedanken müssen wir uns das kraftvolle Bild ergänzen durch einen steisen Hut mit
hohem, nach oben sich erweiterndem Stocke und geschwungener Krämpe zur Bedeckung
des bei Geschäftssorgen in Ehren ergranten Hauptes. Dazu eine gems- oder hirschlederne
schwarze Kniehose, die unter den Knien über die grünen Strümpfe zusammengebnnden ist,
und niedere Schuhe mit Silberschnallen an den Füßen.
Heutzutage sind die Hüte und Ohrenhanben der Bäuerinnen verschwunden, nnr in
den hinterste« Gebirgsthälern, um Hallstatt und St. Wolsgang, tragen sie noch etliche alte
Weibchen. Die unschöne kurze Taille und die tiefen Busenausschnitte an den Fraueu-
kleidern sind außer Brauch gekommen; selbst die solide „Goldhaube" ist im Aussterben
begriffen und mit ihr verschwinden die schweren Halsketten (siehe das Bild zu Beginn
dieses Aufsatzes) mit acht bis zehn Gängen silberner Perlen nnd kostbar in Filigran
gearbeiteter, mit Perlen und Edelsteinen besetzter Schließe, welche Bauer- und Bürger-
sranen als Festschmnck zu tragen pflegten. Auch die Mäuuer habe» die unförmliche» Hüte
und die langschößigen Röcke abgelegt uud die Kniehose» mit deu Allerweltspautalous
vertauscht. Aber auch heutzutage findet man iu der Kleidung des oberösterreichischen
Landvolkes noch charakteristische Züge. Der Bauer vom Floriauer Weizenboden hält auf
kostbaren Anzug: Rock und Beinkleid müssen von feinstem Tuche sein; an der Weste ist
eine dichte Reihe imposanter Silberknöpfe. Hier trägt auch die Bäuerin zur Hochzeit uoch
die schwere Goldhaube und kleidet sich in Seidenrock und Atlasjacke, und es mag schon
sein, daß ihr Auzug bei solcher Gelegenheit mehr werth ist „als die Garderobe eines ganzen
Mädchenpensiouates in Tüll und Barege". Den kleinen rnnden Hnt keck aufs linke Ohr zu
setzen, das versteht nur der sanguinische Jnnviertler Bursche, uud den Kamm hoch iu das
aufgebundene Haar zu steckeu und das seidene Kopftuch als pures Decorationsstück zu
verweudeu, weiß nur die Jnuviertleriu fertig zu bringen. In den übrigen Vierteln dient
das allgemein gebräuchliche Kopftuch nur zur mehr oder minder bescheidenen Umhüllung
des Scheitels uud Hinterhauptes. Der Mühlviertler trägt uoch die banmwolleue Zipfelmütze
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch