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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
Seite - 128 -
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128 Nach den Sechswochen, ja nicht früher, wird die Wöchnerin kirchlich „hervor- gesegnet". Auf den Weg znr Kirche niinint sie etwa ein Semmelzipflein, das sie mit Mutter- milch befeuchtet hat, zu sich. Wer ihr zuerst begegnet, ruft: „'s Zipfl her!", „'s Zipfl her!". Je nach dem Geschlechte des Rufenden wird das nächste Kind ein Knabe oder ein Mädchen sein. — Meint man daheim, die Mntter werde bald nach Hause kommeu, so verbirgt man das Kind in einem nahen Haselbusch und die Mntter mnß es suchen. Innerhalb der folgenden sechs Wochen stattet die Mntter bei den Gevattersleuten persönlich ihren Dank ab und ladet dieselben zum eigentlichen „Weiset", das ist zu einer Mahlzeit ein. Auch hierbei setzt es wieder Gaben und Gegengaben ab. Von nun an suchen Eltern nnd Kinder die „Göd'nlente" jährlich regelmäßig auf und der kleine „Göd" und die kleine „Godl" erhält dabei zuverlässig am Ostermontag die „God'neier" und zu Allerheiligen den „Heiligenstritzel", an manchen Orten auch noch zu Nenjahr einen „Wecken" und Lebkuchen. — Ist aber das „God'nkiud" sechs Jahre alt geworden, so erhält es das „mittlere G'waud'l", und hat es endlich das zwölfte Jahr zurückgelegt, bekommt es seine „Abfertigung", beides in einigen Kleidungsstücken bestehend. Bei der Abfertigung ist immer ein größeres Hemd mit inbegriffen, bestimmt zum Todten- hemd des God'ukiudes. Damit enden die Gaben, welche die „Göd'nlente" ihren „Göd'nkindern" verabfolgen, aber ein pietätvolles Verhältniß zwischen ihnen, ähnlich dem zwischen Eltern und Kindern, bleibt fortbestehen. Fast dieselben Beziehungen entstehen zwischen „Firmgöd'n" und „Firmgodeln" und deren Pathen. Jährlich kommt zu den Kindern der heilige Nikolaus, bald zur Freude, bald zum Schrecken, bald lohnend, bald strafend. Am feierlichsten hält er seinen Umzug iu der Gegend von Windischgarsten. Am Borabend des Nikolaustages (6. December), wen« es bereits ganz finster geworden ist, kommt es an das Haus herau. Mau hört vor der Thüre Kettenklirren und Schellenklingen. Drei laute Schläge an die Thüre, und hereinkommt ein Zug seltsamer Gestalten. Boran schreitet, die Insul auf dem Haupte, angethan mit Chor- hemd nnd Vespermantel, den Bischofsstab in der Hand, der Nikläherr, der Allwissende, dem sein kleiner Finger Alles offenbart. Ihn begleitet, mit allerlei Flitter behängen, die Nikläfran, freundlich nnd hold, die Mädchen zu fleißiger Handarbeit mahnend. Hinter dem Nikläherrn und der Nikläfran kommt deren Gefolge mit Gaben für die guten, aber auch mit Birkenreisern für die bösen Kinder beladen. Die letzteren bedroht der Krampns, eine Schreckgestalt mit Hörnern auf dem Kopfe und mit heraushängender rother Zunge, in dichten Pelz vermummt und mit rasselnder Kette. In deren Gerassel mischt sich das Meckern der Habergeiß, einer weißumhüllten Gestalt, die bald, grausig genug, ihren langen Hals hoch emporreckt, bald in sich selbst zu versinken scheint.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Oberösterreich und Salzburg, Band 6
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Oberösterreich und Salzburg
Band
6
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1889
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
17.03 x 24.86 cm
Seiten
650
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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