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freudiges Vivat, und das Spiel ist aus. Befchenknng und Bewirthung der Schwerttänzer,
woraus diese es heutzutage hauptsächlich antragen, machen den Schluß.
Das war vordem ein edles Spiel, würdig der germanischen Vorfahren, die schon
zu den Zeiten der alten Römer dieses Waffenspiel liebten, wie uns Tacitns (Keim. e. 24)
rühmend erzählt. Damals freilich wurde es nur in froher Ausgelassenheit gespielt, ohne
dabei an Erwerb und Gewinn zu denken; der Beifall der Zuschauer war den jungen freien
Germanen Lohn genug.
Wendet sich die Jahreszeit allmälig und will es wieder Frühling werden, so wird
noch jetzt hier und da der Kampf zwischen Winter und Sommer in dramatischer Weise
zur Darstellung gebracht. Die beiden Jahreszeiten werden durch zwei halbwüchsige Jungen
dargestellt, von denen der eine plump und unbeholfen in großen Winterschuhen („Patschen")
dahergeht, in einen langen, zottigen Pelz gehüllt, der mittelst eines Shawls statt des
Gürtels um die Mitte zusammengehalten wird. Den Kopf deckt eine dicke Pelzhaube. In
der Hand führt er einen eisenbeschlagenen Stab, am oberen Ende mit einem grünen
Fichtenwipfel versehen, an dem einige dürre Tannenzapfen und statt der Eiszapfen Glas-
stäbchen hängen, — das ist der Winter. Der andere, zierlich und schlank, ist in ein langes
weißes Kleid gehüllt, das von einem breiten goldenen Gürtel umschlungen wird. Das
liebliche Gesichtcheu wird von einem leichten, mit flatternden grünen Bändern gezierten
Strohhut beschattet. Die Hand hält einen Stab, ebenfalls mit einem Fichtenwipfel, der
mit bunten Bändern und schönen Äpfeln geschmückt ist, — es ist der Friihling. Sie gehen
von Haus zu Haus uud sagen überall ihre Sprüchlein auf, in denen beide ihre Vorzüge
rühmen und den Gegner schmähen und tadeln. Von Worten kommt es zu Thaten; die
beiden werden handgemein; sie ringen, bis endlich der Frühling siegt und den Winter aus
dem Hause peitscht. Hat der „Frühling" eine Gabe erhalten, so folgt er dem „Winter"
nach, nnd beide gehen friedlich in das nächste Haus, um auch dort ihr Spiel zu wiederhole».
Ist der Winter aus und sind seine Spiele zu Ende, so bringt die schöne Sommerszeit
wieder neue mit.
Eine rechte Lust ist es, weuu irgend ein speenlativer Wirth ein „Baum kraxeln"
veranstaltet. Am nächsten Sonntag, so läßt er allgemein bekannt machen, ist beim Wirth
zum „rinnenden Zapfen" nach dem Nachmittagsgottesdienst ein „Baumkraxeln".
Eine fchlauke, bei 2t) Meter hohe Fichte aus dem Walde ist heimgeholt und völlig
entrindet; nur der Wipfel behält seine grünen Ästchen. Überdies werden alle Unebenheiten
des Stammes sorgfältig geglättet nnd der ganze Baum bis zum Wipfel tüchtig eingeseift,
daß er recht schlüpfrig sei. Der Wipfel wird mit bnnten Bändern geziert und etliche
glänzende Geldstücke an den Zweigen befestigt. Unterhalb des Wipfels werden rothweiße
und schwarzgelbe Fähnchen angebracht, jedes am Saume gleichfalls mit einigen Geldstücken.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch