Seite - 145 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6

145 Wipfel nähert. Da taucht der Junge wieder auf, dessen Hosenträger so zur Unzeit verunglückt waren. Er kommt schnurstracks vom Krämer, bei dem er den Schaden gut gemacht hat. Unverzagt tritt er wieder an den Stamm, der nun auch nicht mehr so glatt ist. Rasch arbeitet er sich wieder empor — wie eine Katze klettert er, alle Augen folgen ihm, die Bravorufe verstummen, lautlos verfolgt man seine Fortschritte. Der Baum schwankt Besorgniß erregend hin nnd her, und siehe, es gelingt. Jetzt ist er am Wipfel; mit einem raschen Griff hebt er den ohnehin nur mehr leicht befestigten ab und lauter Beifall ringt sich los aus der unten harrenden Menge und begrüßt den kühnen „Baumkraxler", der im Nu mit seiner Trophäe wieder auf sicherem Boden steht. Nach einer solchen Aufregung bedarf es einer Stärkung. Alles drängt in das Wirthshans, die siegreichen „Banm- kraxler", die ihre Siegesfahnen stolz tragen, voran. Auch der Wirth ist zufrieden mit unserm Herrgott, daß er heute uicht hat regnen lassen, und mit den Gästen, denn er hat Küche und Keller nicht umsonst verproviantirt. Selbst den Tanzboden muß er heute noch zur Verfügung stellen — so hat sich die allgemeine Freude uud Befriedigung gesteigert, daß man den Tag nicht ohne Tanz und Gesang beenden kann. Ein solcher Erfolg läßt dem Wirthe im Nachbardorfe keine Ruhe; er veranstaltet daher ein Best-Kegelscheiben. Er läßt einen stattlichen Ziegenbock oder einen feisten Widder „aus- scheiden", und das zieht. Was Wunder, wenn bei jedem Dorf- wirthshause eine Kegelstätte steht? Nicht minder fröhlich geht es her beim Ringelreiten, einem Spiele, das früher im Hansrnck- viertel und im angrenzenden Inn- Viertel geübt wurde. Auf eiuem größeren freien Platze wird eine Art Triumphbogen errichtet, der Das „Baumlraxeln". 10