Seite - 147 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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Noch complicirter und komischer wird die Sache, wenn je zwei Läufer einen Schieb-
karren vor sich hertreiben müssen, indem sie, der eine mit der rechten, der andere mit der
linken Hand den Karren fassen und vor sich herschieben, wobei sie im Gleichschritt laufen
müssen, was die Schwierigkeit der Aufgabe uud darum auch die Zahl der kleinen Unfälle,
denen die Wettläufer ausgesetzt sind, also anch die allgemeine Heiterkeit des Publicnms
bedeutend vermehrt.
Beim Hahnschlagen, einem grausamen, aber weit verbreiteten, wohl indogerma-
nischen Spiele, das mythischen Hintergrund hat, wurde auf einem freien Platze ein Haus-
hahn mittelst einer ziemlich langen Schnur an einen Pflock gebunden, so daß sich das
Thier frei herumbewegen konnte. Die Hahnenschläger, drei oder vier an der Zahl, erhielten
jeder einen aus Stroh geflochtenen Dreschflegel. Nachdem ihnen die Augen verbunden
worden waren, begannen sie um den Pflock herumzugehen und mit den Pseudo-Dreschflegeln
auf's Gerathewohl nach dem Hahn zu schlagen. Dieser wich natürlich, im Selbsterhaltungs-
trieb, jedem Schlage aus, und so dauerte es oft lange, bis er einmal getroffen wurde, und
noch viel länger, bis das arme, vor Angst flatternde, krächzende und kreischende Thier
durch einen der Schläge zufällig so getroffen wurde, daß es betäubt oder todt liegen
blieb. Wem dieser Schlag gelang, erhielt den Hahn als Preis. Leute mit starken Nerven
und harten Herzen ergötzten sich wohl an den fehlgehenden Schlägen und an der Angst
des gequälten Thieres; aber das Volk selbst verlor den Geschmack an dem grausamen
Spiele, ersetzte den Hahn durch eiueu Topf und den Dreschflegel aus Stroh mit einen«
Stocke und überließ das Spiel den Kindern, die sich noch jetzt am Topfschlagen belustigen.
Harmloser ist das Eierklauben. Hierbei werden etwa hundert Schritte von dem
Wirthshause, in welchem die Unterhaltung veranstaltet wurde, eine Anzahl Eier auf den
Boden gelegt. Den Platz hat man mit einer Fahne bezeichnet. Hierauf werden denen,
welche die Eier auflesen wollen, die Augen verbunden, worauf sie deu Gang nach dem
Eierplatz versuchen. Gelingt es einem, so hebt er ein Ei auf und kehrt damit auf seinen
Platz zurück, gibt es ab und macht den Weg zu den Eiern auf's Neue. Wer innerhalb
einer bestimmten Zeit, z. B. einer halben Stunde, die größte Anzahl Eier „aufgeklaubt"
hat, erhält den ersten von den ausgesetzten Preisen. Es kommt aber oft vor, daß die Eier-
sucher ganz von dem rechten Ziele abirren oder daß sie einer auf den andern stoßen oder
daß gar einer unvermuthet zwischen den Eiern steht und eins um das andere zertritt. In
diesem Falle hat er zu dem Spotte auch noch den Schaden, denn er muß die zertretenen
Eier dem Wirthe bezahlen. Das Ende der Unterhaltung bilden wie gewöhnlich Singe» und
Trinken, Tauzeu und Springen.
Von den angeführten Spielen haben manche schon volksfestartigen Charakter, doch
ist der Kreis, auf den sie sich von Fall zu Fall erstrecken, zu kleiu, um sie rechte
,o«
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch