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Die Orte Traunkirche» und Hallstatt haben auf dein Festlande kein Terrain, um
dort die theophorische Procession zu halten; dagegen hat hier und dort der See Raum
über Raum dazu. Die Geistlichkeit im Festornat, die weißgekleideten Mädchen, die Sänger
nnd Musiker, die Schützen und die ganze katholische Gemeinde schreiten in feierlichem
Zuge dem Seeufer zu, um die bereitstehenden bekränzten und beflaggten Schiffe zu
besteigen. Unter Pöllerknall, der von den Bergwänden ringsherum wiederhallt, unter
feierlichem Glockenklang, unter lauten Gesängen und Gebeten fährt die Procession hinaus
iu den See, dessen wogende Silberfläche glänzend leuchtet. Oben azurblauer Himmel
und Sonnenglanz und ringsherum die gewaltigen Berge, zwischen welche der See sich
hingelagert hat, dazu die betende Menge des frommen Volkes, aus dessen Mitte die
feierlichen Klänge des 1.au<Za 3ion erschallen — wahrhaftig ein Bild, das kaum in der
ganzen Welt seines Gleichen hat.
Dem überwältigenden Eindrucke dieses „Seefestes" läßt sich noch ein anderes
kirchliches „Seebild" aus Oberösterreich, wenn auch nur von ferne, an die Seite stellen.
Wenn am Samstag vor dem Rupertus-Feste (24. September) die Holzarbeiter von
St. Wolfgang ihre Wallfahrt auf den Mariahilfberg zu Moudsee machen, besteigen sie
die bereit gehaltenen großen „Plätten" und zahllose „Einbänmel". In ihrer Mitte befindet
sich die Genossenschaftsfahne und ein Priester begleitet die Wallfahrer. Unter lauten
Gebeten bewegt sich die Procession über den See nach Fürberg, um von dort aus ihre
fromme Reise zu Lande fortzusetzen. Das Dampfschiff aber hat die Poesie dieser Fahrt
arg gestört, ja schon fast ganz beseitigt.
Dagegen bieten uns der Hallstatter- und der Attersee ein zauberhaftes Nachtbild.
Am Abend des Sonnenwendetages (24. Juni) werden auf dem See die Sonnenwende-
feuer angezündet. Auf zwei Baumstämmen wird ein Holzboden festgenagelt und auf
diesem Floß werden Hobelspäne, Pech und Scheiter aufgeschichtet. An einer Plätte führen
die Schürarbeiter der Saline von Hallstatt und die Dorfbewohner am Attersee das Floß
hinaus mitten in den See, zünden es an und lösen das Seil, mit dem es an die „Plätte"
gebunden war. Zauberhaft flammt es auf im Dunkel der Nacht aus den Fluten, und
von den Berghöhen herab leuchten die Sonnenwendefeuer wie Sterne. Die Anwohner
des Sees betrachten an allen Ufern die aus dem Wasser und auf den Bergen auflodernden
Flammen, bis deren Glut erlischt und der See das Feuer verschlingt.
Das führt uns aber auf die Feier des Sonnenwendetages überhaupt, soweit sich
Eigenthümliches in Oberösterreich damit verbindet.
Im Mühlviertel beginnt man die Festlichkeit der Sommersonnenwende schon am
Abend des Vortages. Bei Sonnenuntergang hört man ringsum ein Jauchzen und
Schnalzen, ein Johlen und Knallen, daß ein Fremder sich argen Übermuthes versehen
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch