Seite - 168 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
Bild der Seite - 168 -
Text der Seite - 168 -
168
geziert, die Hörner mit farbigen Papierstreifen umwunden und überall an ihm flattert es
und weht es von Seideubäudchen und Schleifchen. Die Ochsenknechte tragen ebenfalls Hüte
mit grellen Bändern und knallen während der Fahrt unausgesetzt mit den Peitschen, als
gälte es wer weiß was für eine schwere Last zu führen. Zu beiden Seiten des Schlittens
und hinter demselben gehen Flötzer mit Knitteln, „Dremeln", versehen. Ein solcher hängt
auch am Ende des Seiles, das rückwärts am Schlitten befestigt ist. Mit diesem Knittel
wühlt ein Flötzer fortwährend den Schnee zu beiden Seiten der Straße auf und wirft ihn
rechts und links, als arbeite er mitten im Flusse mit dem Steuerruder. Gelaugt das Fuhr-
werk an eine Stelle, wo Zuschauer auf den Zug warten, wird angehalten und mit weithin
in den Bergen wiederhallendem Geschrei der Schlitten mittels der „Dreine!" in die Höhe
gehoben, als wäre er ein Floß, das ans eine Sandbank aufgefahren ist und wieder flott
gemacht werden muß. So gewaltig ist die Arbeit, daß manch ein „Dremel" dabei in Stücke
bricht, — man hatte ihn absichtlich zuvor halb durchgesägt. Dabei wird ab und zu die
vermeintliche Wassertiefe gemessen und ausgerufen: „Halbö nennö; „Sechsö"; „Halbö
drei"; „Achtö" u. s. w. Hat der Schlitten das Wirthshaus erreicht, wird das Floß abge-
laden, in die Stube gebracht und daselbst aufgehängt, um fortan wie früher das gewohnte
Wahrzeichen zu sein. Den Schluß machen Mahl und Tanz.
Ist auf den Alpenweiden endlich der Schnee auf die Dauer gewichen, so erfolgt der
Auftrieb des Viehes anf die unteren „Almen". Der Tag hierzu ist nach altem Herkommen
der Urbanstag (25. Mai). Erst um Mitte Juni treibt man auf die oberen Almen, nämlich
am St. Veitstag (15. Juni). Die Wirthschaft dort oben liegt hauptsächlich in weiblichen
Händen. Die „Schwoagerin" führt das Regiment, der „Halter", welcher Schafe und
Ziegen zu beaufsichtigen hat, ist nur ihr Gehilfe. Hier weilt die Schwoagerin, arbeitet,
schaltet und waltet, bis der Herbst kömmt. Um deu Michaelstag beginnt der Heimtrieb und
schließt mit dem Theresiatage (15. Oetober). Da heißt es die Almhütte rein halten, das
Milchgeschäft versehen, den Stall ausmisten, die Kühe im Auge behalten und betreuen, die
steilen Bergwände, die selbst den Ziegen unzugänglich sind, erklettern und dort das spärliche
Gras sammelu, was man „Gleckschneiden" nennt, und in großen „Grastüchern" auf dem
Kopfe zur Almhütte tragen, um es dort zu dörren, damit man für unvorhergesehene Schnee-
fälle Futter habe u. f. w.
Da braucht es rüstige Personen. Solche trifft man auch in den Almhütten; doch hat
der Alpenbauer seine guten Gründe, keiner allzu jungen Dirne diesen Dienst anzuvertrauen,
für welche die Einsamkeit des Hochgebirges, in der hier und da nur ein Holzknecht, ein
Jäger, ein Wilderer auftaucht, gefährlich werden könnte. Man findet daher dort oben meist
wetterharte und wetterbraune Weibspersonen, die den Frühling des Lebens schon verträumt
habeu und schon stark im Hochsommer desselben stehen, — „die sich anskennen".
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch