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aus seiner engeren Heimat. Unter den jüngeren Dichtern ist einer der fruchtbarsten
Alexander Oberueder (geboren 1839), der außer volkstümlichen Weihnachtsgedichten
ernste und heitere Geschichten aus dem Volksleben mit Humor vorträgt. In neuerer Zeit
haben einige dem Volke ferner stehende Oberösterreicher sich Sprache und Ton des Bauers
zu eigen gemacht. Franz Keiin (geboren 1840), der Dichter der „Snlamith", gibt der Liebe
zur Heimat in anmuthigen Vierzeilen Ausdruck, Hans Kunz (geboren 1846) und Leopold
Hörmann (geboreu 1857) kleiden ihre Gedankensplitter mit Geschick in die Form des
Schnadahüpfls und der sprach- und formgewandte Anton Matosch (geboren 1851) singt
reizende Frühlingslieder; er ist überdies der erste, der sich in Dialect-Prosa versucht hat.
Diesen heimatlichen Dichtern reihen sich ein paar Männer an, deren Wiege nicht zwischen
Inn und Enns gestanden ist; so haben Wilhelm Cappilleri aus Salzburg uud Hugo
Leitenberger ans Niederösterreich Gedichte in oberösterreichischer Mundart veröffentlicht.
Wenden wir uns jetzt zum Volksgesauge uud zur Volksdichtung.
Wer der Geschichte des Volksgesanges in Oberösterreich nachgeht, wird finden, daß
derselbe zu verschiedenen Zeiten verschieden war, stets aber hat, was das Volksgemüth
lebhaft erregt, im Lied seinen Ausdruck gefunden. Als in grauer Vorzeit die Stürme der
Völkerwanderung durch das Land brausten, mögen die Schicksale der Volkskönige poetisch
verherrlicht worden sein: der Umstand, daß das größte deutsche Volksepos in unseren
Gauen entstanden ist, beweist zur Genüge, einen wie mächtigen Eindruck jene Ereignisse
auf das Volksgemüth ausgeübt haben. Als im Mittelalter tief gläubige Religiosität das
ganze Leben durchdrang, strömte auch hier der innige Gottesglaube im Gesaug aus: Das
Lied ist stets der wirksamste Träger und Verbreiter neuer Lehren, daher spiegelte sich auch
hier zur Zeit der Reformation der Widerstreit der religiösen Meinungen im Gesänge wieder.
Zur Zeit des großen Bauernkrieges zogen die Rebellen unter den Klänge» des Fadinger-
liedes in den Kampf, und mehr als ein poetischer Kops hat es unternommen, von den
Gräuelu jenes blutigen Volkskrieges zu dichten. Ein solcher Dichter singt von den Bauern:
Schwarze Fahnen thun sie führen.
Das ist ihre Liberei,
Einen Todtenkopf darinnen,
Der gibt zu verstehen srei: ! O lieber Gott, steh bei!
Sie sind unterworfen Dem Tod, gaugs wie es wöll.
Viel Volk thut ihn zulausen
Aus viel Orten mit Hausen.
Spottverse auf die Bauer» haben sich auf Schlachtenbildern erhalten; so steht unter
einem Bild, das einen für die Bauern unglücklichen Kampf bei Neuhofeu darstellt:
Mier Panern glauben ohn allen Zweifel,
Der Lebel > hat lauter lebendige Teufel, Ich bleib einmal nit lenger hier;
Lauf, Jodl, und nimm den Brotsack mit dir.
> Oberst Löbel.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch