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Cousoleu die ritterlichen Gestalten des heiligen Georg und Florian. Während das Predell,
auf dem der Schrein ruht, die Aubetuug der Könige schildert, sehen wir in die kunstvolle
Architektur der Bekrönung, die gleichsam die reich verschlungenen Baldachine des Schreines
zu fünf vielgliedrigen, duftigen Spitzthürmcheu fortbildet, den Gekreuzigten, zu oberst
Gott Vater, Heiligen- und Engelsgestalten eingefügt. Die verschließbaren Flügel zeigen
Gemälde, auf welche später zurückgekommen wird.
Bewunderungswürdig an diesem Altarwerke ist der große Zug, der in der statuarischen
klaren und ruhigen Conception liegt, die Tiefe und Reinheit der Empfindung, der geradezu
packende Gegensatz zwischen der idealen Verklärung der himmlischen Gestalten und der
Individualität und Naturwahrheit der beiden durchaus menschlich gedachten Heiligen;
bewunderungswürdig endlich die Knnst unseres vaterländischen Meisters, bei sorgfältigster
Durchführung in Form und Farbe bis iu das kleinste Detail, doch jede materielle Wirkung
abzuhalten nnd den idealen Eindruck seines Kunstwerkes zu sichern.
Anßer diesem Altare rühmt sich Oberösterreich noch vieler anderer solcher Denkmale
der mittelalterlichen Kunst, an welchen sich Architektur, Sculptur und Malerei in einer
vielleicht nicht mehr wiederkehrenden Weise vereinigten. In erster Linie ist des Altares zu
Käfermarkt zu gedenken, des bedeutendsten Rivalen des Pacherschen Werkes, diesem
vielleicht durch Reichthum der Architektur, unerschöpfliche Phantasie und treuen Fleiß
überlegen, aber an Bedeutsamkeit, Frömmigkeit und Volleuduug der Vorstellung entschiede»
nachstehend. Wir bringen eine Seitenfignr desselben, den heiligen Georg, im Bilde, weil
dieser fast überall wiederkehrende himmlische Ritter so recht jenem Ideale entspricht, wie
es aus den höfischen Gedichten des späten Mittelalters herauskliugt. Die schönen Altäre
mit bemerkeuswertheu Bildhauerwerken zu Peseubach (1499), Raucheuedt, Waldburg
(1517), Gamperu uud Hallstatt (erstes Viertel des XVI. Jahrhunderts) können hier nur
angeführt werden, so sehr sie auch ein näheres Verweilen verdienen würden. Die Kunst-
sammlungen der Stifte und das Linzer Museum enthalten eine große Zahl mittelalterlicher
Schnitzwerke, welche deutlich als Theile ehemaliger Altäre zu erkennen sind und wahr-
scheinlich der tyrannischen Herrschaft der Renaissance ihre Entfernung aus Stifts- und
Landkirchen zuzuschreiben haben.
Eine besondere Aufgabe faud die Sculptur an den zumeist in rothem Steine
gehauenen Sarkophagen, auf welchen die Verstorbenen bald in voller Rüstung und ritter-
licher Kraft, bald als modernde, von Fröschen und Würmern verzehrte Cadaver erscheinen.
Hierher gehören vorzugsweise die Grabmonumente Wernhards von Schaunberg und
seiner Gemalin Hedwig in der Wilheringer Stiftskirche, die Gräber der Polheimer in der
Pfarrkirche zu Wels und Ober-Thalheim, jene der Schärffenberger in der Lanrenzikirche
zu Lorch u. s. w.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch