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auch die Arbeit des Mostens keine geringe; die Nachfrage um Fässer steigt ins unglaubliche,
die Bahnen ebenso wie die Donauschiffe laden Tausende von Centnern frischen Obstes zum
Verführen uach Deutschland oder Ungarn, während nicht wenige Bauern daheim auf
ihrem Hofe 400 bis 500 Hektoliter Most pressen und einlagern. Allerdings sind die
Obstjahre ungleich vertheilt und manchmal geht es schon recht knapp mit den vorhandenen
Vorräthen; — betrübten Herzens sieht der Hausvater auf die letzten vollen Fässer, immer
energischer greift er zum mehrenden Wasserkrug, denn nur mit Unlust denkt er an die
kostspieligen und dabei so ungenügenden Surrogate, an Bier und Schnaps. Allein meist
hat der liebe Gott eiu Einsehen und sorgt für ein fröhliches Gedeihen des Obstes und
dankbar füllt der Bauer wieder Faß um Faß mit dem geliebten Saft — mit schwachem für
die nächste Zeit, mit stärkerem für die unsichere Zukunft. Auch hier haben praktische
Quetschmühlen und transportable Schraubenpressen weit und breit schon die alten
unbehilflichen und schwerfälligen Geräthe, den halbkreisförmigen Trog mit der langsam
vor- und rückwärtsrollenden mächtigen Steinscheibe und die massiven, aus den dicksten
Holzstämmen gezimmerten Pressen verdrängt. In guten Obstjahren rechnet man bei
600.000 Meterceutuer Kern- und bei 70.000 Metercentner Steinobst als Gesammtertrag.
Der laudwirthschaftliche Besitz ist in Oberösterreich ganz charakteristisch fast durch-
gehends ein rein bäuerlicher und findet sich eigentlicher herrschaftlicher Großgrundbesitz nur
in sehr geringem Maße. Wenige Besitzungen (circa 0 3 Procent) haben eine Größe von
mehr als 115 Hektar; darunter sind aber wieder zahlreiche bäuerliche Güter uud außer-
dem entfällt fast die Hälfte auf das Alpengebiet mit seinen ausgedehnten Weideflächen.
Selbst die Stifte haben keinen hervorragenden Wirthfchaftscomplex und beschränkt sich
ein solcher nur auf den Wald. Anderseits ist auch die Zersplitterung des Bodens keine
übermäßige; es entfallen im Gefammtdurchschiiitt noch immer 8'6 Hektar auf einen Besitz
und sind überhaupt nur 35.411 Besitze unter 0 78 Hektar, das ist unter 1 Joch. Den
landwirthschastlichen Charakter geben aber hauptsächlich die 49.775 kleineren nnd mittleren
Anwesen von 2 8 bis 28 Hektar, das ist 5 bis 50 Joch, und die großeu Bauernwirth-
schaften mit ihren durchschnittlich wohl arrondirten Grundstücken. Diese Banernhöfe sind
häufig recht stattliche Gebäude mit großen Wohn- und Wirthschaftsräumen, von denen
allerdings die ersteren weniger zum Wohnen als zum Aufbewahren von Victnalien, Flachs,
Obst und dergleichen benützt werden. Sie bilden meist ein geschlossenes gleichseitiges
Viereck und birgt der so entstehende Hof das eigentliche Centrum der gesammteu Wirthschaft.
Die Thüren der Eß- und Gesindestuben, der Stallungen, des Schuppens und der Scheunen
öffnen sich auf das, den Hof auf zwei, auch drei Seiten umrahmende, oft bis zu einem
Meter hohe Trottoir; Pflüge und Eggen lehnen an den Wänden, Werkzeuge werden hier
aufbewahrt, hergerichtet und reparirt; das meist sperrweit offene Scheunenthor zeigt die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch