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Problem, ein Dutzend Hotels, zahlreiche Villen, Kirchen, Promenadehallen und Badehänser
ohne einen Fuß breit ebenen Bodens zu errichteu, ueuerdiugs mit Stein und Ziegel in
Angriff genommen und gelöst worden. In jüngster Zeit hat Seine Majestät der Kaiser
auf Bitte der Landesvertretung die Erwerbung des landschaftlichen Besitzes von Gastein
für das Allerhöchste Privatvermögen genehmigt.
Das Thermalwasser hat eine Temperatur von 39° Reaumur, ist chemisch vollkommen
reines Wasser ohne jeden Zusatz und wird zum Baden, nicht zum Trinken verwendet. Sein
Ruhm ist weit verbreitet, reicht aber kaum über das XV. Jahrhundert zurück. Seither ist
es freilich in fortwährend steigendem Maße von zahllosen Leidenden aus ganz Enropa
besucht worden. Das angenehme kräftige Bad, die Bewegung in der frischen Gebirgslnft,
die hohe Lage (1.100 Meter) wirken auf alte Leute, wie es scheint, besonders belebend.
Sonst wird das Bad besonders vvn Gichtleidenden benützt.
Kommt man aus einem der Nachbarthäler über ein Gebirgsjoch nach Gastein, so
wirkt der Gegensatz zwischen der naturwüchsigen Einfachheit, die man verlassen hat und
den Formen der verfeinerten Civilisation, in die man mit einem Schlage hineingerathen,
ganz überraschend. Zu diesem eleganten Treiben die steilen, häufig beschneiten Berge, der
tosende Wasserfall, — es ist ein eigenes Bild, wie es selbst in den Alpen nicht wiederkehrt.
Oberhalb der Stufe des Wildbades folgt abermals ein ganz ebener Thalboden, an
dessen oberem Ende der alte Hüttenort Böckstein liegt, wo die Pochwerke des Goldberg-
baues auf dem Radhausberge sich befanden. Hier sind wir am Fuße des goldhaltige»
Gebirges. Ein Gneißgang, sehr quarzhaltig, zieht am Bergabhang nahe den Firsten hin.
Er liefert aber kärgliches Erträgniß. Sehr dünn sind die feinen Goldblättchen im harten
Quarze gesät, so daß gewaltige Mengen des letzteren gepocht werden müssen, um ein
nennenswerthes Gewicht an Gold zu ergeben. Gegenwärtig bewegt sich der Betrieb gerade
noch an der Grenze eines Ertrages, während er einst eine Quelle des Reichthums für
Laud und Regierung war. Um zu erklären, wie er so verkommen konnte, braucht man weder
eine Verschlechterung der Erzmittel anzunehmen, noch die Ausweisung der protestantischen
Bergleute heranzuziehen; die Verringerung des Goldwerthes seit dem XVI. Jahrhundert
und die im Verhältniß gestiegenen Herstellungskosten erklären die Sache zur Genüge. Hinter
Böckstein verengt sich das Thal abermals; mehrere Wasserfälle bezeichnen schärfere Stufen
uud nach etwa zwei Stunden gelangen wir auf den obersten Thalboden, das 1.60V Meter
hoch gelegene Naßfeld. Eine ebene, grüne, aber banmlofe Fläche, eingesäumt von schön
geformten, zum Theil firnbedeckten Bergen, bietet den Anblick heiterer Ruhe bei groß-
artigem Ernste. Den tiefsten Punkt des rückwärtigen Bergkranzes, der Mallnitzer Tauern,
benützt man zum Übergang nach Kärnten. Bei Böckstein vereinigt sich mit dem Naßfelder-
thal das Anlaufthal, dessen Hintergrund der höchste Gipfel unter den Gasteiner Bergen,
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch