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und blutige Strafgerichte verhängt. Die Burgen mußten von den Bauern wieder aufgebaut
werden, weßhalb sie heute noch allenthalben die vielsagenden Jahreszahlen 1526, 1527
tragen. Außer der Verheerung des Landes war die Folge solcher Wirren eine arge
Verschuldung der Staatscasse und für die Hilfeleistung mußten Baiern und Österreich
mit neuen Zugeständnissen bezüglich der Enclaven bezahlt werden.
Unter Matthäus' Nachfolgern, von denen der Schüler Aventins, Herzog Ernst
von Baiern (1540 bis 1554) hervorzuheben ist, gab es fortwährende Plage mit dem
eindringenden Lutherthum. Doch waren die Erzbischöse selbst streng und eifrig und
Salzburg kam niemals in die Lage, in welche so viele deutsche Stifte gerietheu, daß es
schien, das Land werde durch den eigenen Fürsten dem Protestantismus zugeführt werden.
Von den Erzbischöfen dieser Periode ist ohne Zweifel die merkwürdigste Persön-
lichkeit Wolf Dietrich von Raitenan (1587 bis 1611) und er würde dies auch ohne das
tragische Geschick sein, das ihn zu einem Gegenstande des Mitleids gemacht und fast mit
sagenhaftem Schimmer umkleidet hat. Er stammte aus einem schwäbischen Adelsgeschlechte;
sein Vater, der unter einem prunkvollen Grabstein zu St. Peter in Salzburg ruht, war
ein Kriegsmann von Ruf, seine Mutter war aus dem berühmten vorarlbergischen
Geschlechte der Grafen von Hohenems. Wolfgang hatte seine Bildung in Rom erhalten,
und wenn wir nicht sehr irren, trägt seine Lebensführung in allen Hauptzügen den
Charakter der italienischen Bildung und Anschauung des XVl. Jahrhunderts. Wir finden
den fein entwickelten, verschwenderischen Kunstsinn, dem es ein Lebensbedürsniß ist, nur
mit schönen Formen und Farben umgeben zu sein, und der die Förderung der bildenden
Künste als eine der ersten Ausgaben des Fürsten betrachtet. Wir sehen die scrupellose,
fremdes Recht geringschätzende, hier gewaltthätige, dort listige, aber stets höchst eigen-
süchtige Politik des italienischen Fürsten; wir sehen endlich die unbedingte Anhänglichkeit
an den Katholicismus in seinem neu gestärkten Geiste, wie er sich eben damals unter dem
Einflüsse der Jesuiten erhob, eine Gesinnung die doch grobe Übertretungen seiner
geistlichen Pflichten nicht verhinderte, unter allen Umständen aber eine kraftvolle
Persönlichkeit voll Leidenschaft und Unternehmungsgeist.
Einer der ersten Schritte des achtnndzwanzigjährigen Erzbischofs war die Stärkung
seiner absoluten Macht durch die Aufhebung der „Landschaft" oder des Landtages, welcher
nicht mehr berufen wurde. Scharfe Patente vertrieben darauf alle dem Protestantismus
anhängliche Personen aus der Stadt und dem Lande. Alsbald wurde auch mit den Bauten
begonnen. Was Wolf Dietrich in dieser Beziehung gethan, ist so bedeutend, daß Salzburg
noch heute ihm am meisten sein Aussehen verdankt — allerdings fast noch mehr durch das,
was er zerstört, als durch das, was er geschaffen hat. Er hat den mittelalterlichen Charakter
der Stadt getilgt. Denn unter ihm wurde nicht blos jenes Banwerk vernichtet, welches
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch