Seite - 426 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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Aber allenthalben entspringt aus der Tiefe des Gemüthes die religiöse Richtung,
die sich in der Anhänglichkeit an die Kirche, in der gewissenhaften Feier der Feste, in der
gnten Haussitte, iu dem Verhältnisse zwischen Eltern und Kindern knndgibt. Unverdrossen
wallt der Kirchgänger stundenweit oft durch halbmauushoheu Schuee aus abgelegene»
Thalwinkeln, denen der Seelsorger bisweilen mit dem Pferde nicht beikommen kau». Uud
welche Opfer bringt das Landvolk mit seinen meist beschränkten Mitteln für Kirchenbauten.
Andachtsstiftnngen, Bruderschaften und andere kirchliche Vereine! Zahlreiche Kirchen-,
Brnder- uud Armeuhäuser, Bruderladen, Geldstiftnugeu, zum Theil unter Vorgang der
alten Fürsten entstanden, die wohlthätigen Vereine der Neuzeit geben Zeugniß von
christlicher Nächstenliebe, und diese Selbsthilfe des Volkes findet oft genug nur iu deu engen
Verhältnissen des Landes ihre Grenze. Uralt ist die in voller Übung stehende Hilfeleistung
bei Neubauten und nach Hausbränden.
Das Heimats- und Vaterlandsgefühl ist ein lebhaftes nnd gibt sich in der ver-
schiedensten Weise kund. Der Rauriser geht „aufs Land", wenn er aus feiueiu Hvchthale
über den „Landsteg" in das benachbarte größere und tiefere Salzachthal hinabsteigt; der
Großarler nennt die von auswärts Eingewanderte» „von alspa her". Die vielen einst
befestigten Pässe und Thalsperren, die „Laudabwehr" zwischen dem Berchtesgadener Land
und dem Saalethal um Schueizelreut, die „Laudstigeln" im „Landzaun" zwischen Dürren-
berg nnd Berchtesgaden hielten dem Salzburger überall die Grenzen des Stiftslandes vor
Augen. Es wird begreiflich, wenn er auch ins Ausland die Liebe zu feiuer Heimat trug
und daselbst von der Schönheit des Landes erzählte. Noch jetzt wissen die Nachkommen
der salzburgischen Auswanderer um Spriugfield uud Ebeuezer iu Georgien von den
metallreichen Bergen und Alpen und den Forellenbächen ihres Stammlandes zu erzählen
und die „Saltzburgers" „mit ihren etwas absonderlichen Gewohnheiten" gelten für die
tüchtigsten Leute iu Georgien. Im Gebirgskunde mit seinem spärlichen Verkehr erhalten
sich uud trete» die Ortsgewohnheiten viel deutlicher hervor als im Flachlaude und werden
so nicht selten den Nachbarn zum Gegenstaude des Neckeus. Es kliugt etwas hochtönend,
wenn der Pinzgauer deu Spruch hat:
Stuhlfelden ist sich selber gleich
Und Mittersill gar ein Königreich!
während ihm wieder der Ponganer den Namen „Pinzgauer Fvpper" zurückgibt. Umgekehrt
wird die Kirchthurmbeschränktheit und Uuweltläufigkeit mit dem Namen „Glockeuspiel-
kinder" und den Sagen von deu Abtenanern zum Ausdruck gebracht, die nach Gotting
hinausfuhren, um den Sonnenschein in einer Truhe zu saugen und nach Haus zu führen,
und von den Zederhansern im Luugau, die auf dem Tauern umkehren wollten, weil sie
wähnten am Ende der Welt zu fem.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch