Seite - 434 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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zusammengelegt, mit einem rothen „Biudbaude" mmvundcn und eine alte große Silber-
münze als Tauspfennig hineingesteckt. Man nennt davon anch später Namenstags- oder
Geburtstagsgeschenke Bindbänder. Der Gevatter steht zu deu Gevattersleuteu fortau iu
dem Verhältnisse eines Freundes, eines geehrten Rathgebers, zu seine» Göteukiuderu als
eines lieben Schenkers von Ostereiern, Birnen, Äpfeln bei Glückwuuschbesucheu, der auch
mituuter an den weiteren Schicksalen seiner Taufkinder iu Abgang der Eltern thätigen
Autheil nimmt. Ost gehört es auch zu deu Anstandspflichten eines Gevatters, seinem
Goten ein oder zwei Kleidungsstücke, Rock und Hose, beim Anfang oder Ende des Schul-
gehens machen zu lassen. Doch kommt diese Sitte bereits außer Gebrauch uud auch der
silberue „Gotenlöffel" kommt nicht mehr allgemein vor.
Etwa acht Tage nach der Geburt gehen die Gevattersleute uud Verwandten znr
Wöchnerin „ins Weisat". Sie ziehen den Sonntagsstaat an und machen Besuch uuter
Darreichung vou Geschenken: Weißbrod, Wein, Zucker, Kaffee, Eier, Butter und dergleichen.
Die Besuchenden werden auch bewirtet und die Basen und Gevatterinnen entwickeln dabei
ihre Keuutnisse und Rathschläge für die Kinderpflege und das Wochenbett. Es gilt fast als
allgemeine Regel, daß die Wöchnerin vor vierzehn Tagen nicht aus dem Zimmer gehen,
vor sechs Wochen sich nicht anßer dem Hanse blicken lassen soll. Die Kinder kommen iu
Salzburg aus dem Untersberg, werden von Bäuerinnen vom Gaisberg, in Hallein von
dem benachbarten „Banholze" hergebracht. Die Ankuust eines neuen Erden- und künftigen
Stadtbürgers wurde uoch uach unserem Gedenken zu Hallein vom Rathhausthurme mittelst
Trompeteusanfaren nach allen vier Weltgegenden verkündet. Da traten noch die „Stadt
thürmer" mit ihrem Meister, die auch die Kirchenmusik besorgten und anderwärts
Ttadtmusikauten hieße», in Verwendung. Auch der Rathhausthurm zu Salzburg, wo es
gleichfalls einen „Thürmermeister" und „Thürmergesellen" gab, ist gleich dem zu
Halleiu mit einer Galerie für derlei Ständchen eingerichtet, die bei festlichen Gelegenheiten
dargebracht wurden.
Die Heiraten sind weit weniger Herzensangelegenheit als Geschäftssache und man
macht daraus auch kein Hehl, wie dies in der Stadt vft geschieht. Man hört wohl die
Anfrage: zweitausend Gulden brauch' ich, weißt du mir keine? — die der Heiratslustige
an einen in solchen Dingen Erfahreneil stellt. Man geht „auf die B'fchau", sucht die
Vermögensverhältuisse zu erkuudeu, und lauten die eingezogenen Nachrichten befriedigend,
so wird eiu etwa vorher bestaudeues Liebesverhältniß stillschweigend oder durch Ablehnung
des gemeinsamen Trunkes von Kassee oder Schnaps im Wirthshause aufgelöst und es
beginnt die Vermittluug der „Beiständer", das heißt der beiderseitigen Verwandten über
die Geldfragen. Die Verhandlungen sind nicht immer leicht, und werden sie abgebrochen,
so ist auf einer oder der anderen Seite uicht selten lange dauernde Kränkung die Folge.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch