Seite - 436 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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Nach dem Gange zum Gericht und zum Pfarrer — „Beteugeheu" nennt man den
letzteren Gang, wobei sich die Brautleute die Ehe versprechen — wird in der rechten
„Ehetaserue", das ist in dein Wirthshaus, das dazu Raum hat und berechtigt ist, das
Hochzeitsmahl „augedingt", die Zahl der „Richten" bestimmt und mit Genauigkeit sür
Alles Vorsorge getrosseu. Am Samstag vor der Hochzeit fahrt der Kammer- oder Küchel
wage», mit zwei Pferden bespannt, mit der Aussteuer belade», wobei das Ehebett, die
Wiege uud das Spinnrad nicht fehlen dürfen, nach dem Wohnort und zum Hause des
Bräutigams. Die Angehörigen des Bräutigams Helsen abladen, den Strohsack des Bette?
trägt derselbe selbst ins Haus. Die Braut beschenkt ihren Zukünftige» mit eiuem Hemde
ans selbstgesponnener Leinwand, die Hausgenossen mit kleinen Gaben, denn was man im
Brautstande schenkt, wird siebensach vergolten. Heiratet der Bräutigam ins Hans der
Braut, so schickt oder führt er selbst seinen Kammerwagen dahin.
Nach der Morgensuppe des Hochzeitstages, die gemeinsam oder getrennt in beide»
Häuseru eingenommen wird, kommt der Hochzeitszug zu Fuß oder zu Wagen in Gang,
wobei die Ehrenpersonen oder die Männer den Zug beginnen oder schließen. Im Pongau
und Pinzgan reiten die „Spitzreiter" oder „Vorpranger", auch „Tümmlinge" geuannt,
Bandmasche» mit langen, breiten Federn aus den Hüten, mit umgehäugtem Säbel, eine
große Zahl rother Lederriemchen am Gürtel, dem Zuge voraus, „Fußknechte" führen die
Pferde am Zügel, damit dieselben nicht unter dem häufigen Schießen, Peitschenknallen,
Jauchzen und Mnsiziren die angespannten Wagen oder Schlitten in Unordnung bringen.
Die Tümmlinge haben wohl ihren Namen vom Tummelu der Pferde und ihren Riemche»,
„Nestelu", ist eine verloren gegangene Beziehung zum Nestelkuüpfeu zuzuerkennen. Auf
dem Wege zur Kirche wird gewöhnlich der Zug durch eine gespannte Schnur aufgehalten,
welches Hinderniß mit Geschenken beseitigt werden muß. Dieses „Vermachen" des Weges
gibt den Vorprangern Anlaß, ihre Reitkunst zu zeigen, uud ist für die Hochzeitsgäste eiu
willkommenes Zwischenspiel.
Die Hochzeitstracht richtet sich nach der jeweiligen Landestracht. Obwohl aber sonst
die Ansordernngen in Bezug auf geschlechtlichen Umgang nicht die strengsten sind, so dars
es doch keine nicht jungfräuliche Braut wagen, das „Jnngfernkränl", den „Bund" oder
den Brautkranz von Rosen und Rosmarin ans dem Haupte zu tragen, sondern mnß sich
mit dem Hute begnügen. An vielen Orten wird nach der Trauung beim Altar der „geweihte
Wein" nach uraltem Brauche der Johauuismiune von dem Brautpaar und den geladenen
Gästen getrunken. Beim Verlassen der Kirche erlaubt sich der Organist einen fröhlichen
Marsch oder eine andere heitere Weise auszuspielen.
Von, Wirth au der Hausthür empfangen, vom Hochzeitlader uud deu Bortänzer»
geführt und begleitet, gelaugt der Zug unter dem lnstigen Spiele von Blechinstrumenten
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch