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ein kleines Muspfäunchen oder eine Puppe hinzu, oder es wird ein Junggeselle mit
seiner geheimen Liebschaft geneckt, oder es hat eine Gluckhenne mit ihrer Schar beim
Heranfliegen die Fenster eingestoßen, das Küchengeschirr zerbrochen, weßhalb eine kleine
Beistener erwünscht sei n. s, w. Wenn es schließlich den Brautleuten nicht gelingt, sich
heimlich zn entfernen, so wird ihnen beim Abgang vom Hochzeitlader nnter Scherzen
nnd Sprüngen mit der Laterne vorgeleuchtet nnd die Musikanten „blasen sie hinaus".
Etwa nach acht Tagen folgt die „Abrait", die Berichtigung der Zeche mit einem kleinen
„Lätizel" wie beim Nachkirchtag. Was noch aus alter Zeit und von dem festgehaltene»
Unterschied der Stände herrührt, ist die Vermeidung von Wildpret und Fischen bei dem
sonst reichlich besetzte» Hochzeitmahl, denn jene gehören „für des Edelmanns Tisch". Und
das stehende Gericht am Schlüsse des Hochzeitschmanses, die „Gerstensuppe", bringt wohl
dem bäuerlichen Ehepaare noch seinen Stand nach den Freuden des Tages in geneigte
Erinnerung. Am ersten Samstag nach der Hochzeit verläßt die junge Frau nicht selten ihr
Hans, übernachtet bei ihren Eltern oder Verwandten nnd wallfahrtet nach Maria-Plain,
ins Kirchenthal oder nach anderen Gnadenorten.
Sehr alterthümlich, aber dem Verschwinden nahe ist der Traneranzng der Weibslente
im Gebirge. Hohe Spiyhüte, darunter eine weiße Hanbe. Vom Haupt bis zu deu Kuieu
hüllt eiu weißes Leintuch, nnter dem Kinn zusammengeheftet, die Gestalt ein, darunter ragt
der schwarze Kittel mit dem schwarzen „Fürtuch" (Schürze) hinab und sieht man die weißen
Strümpfe uud niederen Schnhe. Die „Halbklage" oder mindere Trauer gestattet den
schwarzen Hut, weißeu HalSkrageu, eine weiße über der schwarzen Schürze und ein vom
Haarbund uach rückwärts hinabhängendes weißes Tuch: der „Kittel" uud das „Rockel"
(Spenser) sind schwarz. Gewöhnlich „wachen" Verwandte und Angehörige bei der Leiche
mehrere Stunden, beten den Rosenkranz und tragen anch — Nachbarsmänner den Mann,
Jungfrauen die Juugfrau zu Grabe, weuu nicht die weite Entfernung vom Kirchorte die
Tvdtenfnhr nöthig macht. In manchen Gegenden, nm Kuchl, Oberudorf, im Piuzgan,
führteu uach uralter Sitte eigene Todtenwege von den Einzelnhöfen anf die Straßen: man
sieht noch die Stellen am Zaun, der zu diesem Behufe eröffnet werden durfte, alte Mäuuer
weise» uoch die Todteurasten bei Feldkreuzen oder Kapellen. Das Landrecht (Taidiug) des
Pfleggerichtes Thalgau befahl „Gaugsteig uud Todteilweg zu bessern" (in Stand zu halteu).
Ju schueereicheu, streugeu Wiuteru kann es sich ereignen, daß mau Leichen auf eutlegeueu
Berggehöften „auffriereu" läßt, bis ausgetretene Pfade ihren Transport anf den Kirchhof
ermöglichen. Die an verschiedenen Orten neben den Gangsteigen niedergelegten, wohl auch
au Häuseril befestigten „Todtenbretter" mit deu Anfangsbuchstaben des Verstorbenen
nnd der Jahreszahl laden zum frommen Andenken an die Verstorbenen ein. Die
„Todtensnppe" oder das Tvdtenmahl, manchen Auswärtigen ein Gegenstand des Tadels,
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch