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Bei der Kerzenweihe zur Lichtmesse wird nicht blos das Wachs für die Kirche,
darunter die Osterkerze, sondern auch die Kerze fürs Haus (Sterbkerze, Schauerkerze) und
der Wachsstock sür die Hausfrau geweiht. Aus dem geweihten Wachsstock bildete mau
durch Kreuzung uud Übereiuanderlegeu seiner Glieder den fünfzinkigen „Drudenfuß" zur
Abwehr der Hexen, das „Hexeukreuz". Aber der einst so ausgebreitete Glaube ist beinahe
erloschen und nur schüchtern wagt derselbe noch da und dort die Vermuthung, ob etwa eine
Fallsucht, ein schweres Siechthum vou Kiuderu denselben „angethan" oder „vermeiut"
wordeu sei, in welchem Falle man beim „Lorettokindl" zu Salzburg Hilfe sucht. Die
Bezeichnung „Wetterhexe" für ei» ungekämmtes und nachlässig angezogenes Frauenzimmer
wird jetzt nicht mehr in dem ursprüngliche» Sinne gebraucht; die „Hexeusalbe" ist zu einem
Scherzworte veredelt und die Kräfte des „Hexenkrautes" sind der Vergessenheit anheim-
gefallen. Die weiblichen Versammlungen in den Brechet- und Spinnstnben im Spätherbst
und Wiuter, zu denen man anch ans der Nachbarschaft „in die Reise" ging, Plauder-
stätteu für alte Mähren nnd fesselnde Neuigkeiten, haben sowohl dnrch Vermehruug der
„Brechelbäder" auf den Gütern als durch mindere» Bedarf des Hansgefpinnstes die
frühere Häufigkeit des Besuches uud damit eiueu Theil ihrer Anziehungskraft verloren.
Wiewohl sich die rechte Faschingslust nicht jedes Jahr einstellt, so hat sich doch die
Sitte der Faschingszüge in den Vorstädte» und Dörfern um die Hauptstadt in leidlichem
Gange erhalten und auch die Halleiner haben in diesem Fache bisweilen sehr anerkenneus-
werthe Leistungen erbracht. Zu eiuein lustige» „Faschingsritt" sind erforderlich ein oder
mehrere voraustollende Hanswnrste, „Faschingsnarren", zu Fuß in ihren Abzeichen mit
Peitschen, einer „Spritzbüchse" sammt Wassersechter nnd anderem Vexirgeräth, dann eine
Anzahl sinnbildlicher, komischer, satyrischer Schaustellungen aus Wageu zur Augenweide,
endlich der Faschiugsherold zu Pferd mit dem ebenso lebhaft begehrten als von Andern
gemiedenen „Faschingsbrief". Groß ist die Zahl der seit Jahrzehnten im Gedächtniß
gebliebenen Darstellungen, unter denen die „Bauernhochzeit" wegen der unentbehrlichen
Tanzmusik allezeit vorkommt. Es erschien wohl auch eine Schar Spielleute mit groteskeu
Schlaugeu, Drache», aus deueu lustige Weisen gehört wnrden. Große Heiterkeit erregt
stets die „Altweibermühle":
Was klappert jo lustig im eifrigen Lause? Die Weiber, die wehren sich, kreischen und krappeln.
Den Wagen umzingelt ein lachender Haufe: Tie Müller sind stämmig — was nützet das Zappeln,
Sie sangen der alte» Weiber gar viel, Tie Mühle die mahlet im rasenden Saus,
Und schütten sie auf in die polternde Mühl'. Es springen die hübschesten Mädchen heraus.
Angefahren kommt ein Schiff — in jüngster Zeit ans dem Franz Joseph-Land,
Masten und Tane mit Schnee nnd Eis bedeckt, die Matrosen mit kleinen Öfen auf dem
Rückeu, der Kapitän in Pelz und Kapnze handhabt ein zehnfüßigeS Fernrohr. Es fährt
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch