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besteht in der richtigen Betonung, in dem Bemerklichmachen vvn Anspielungen. Der
Jägerbrief erhebt sich zu strenger Ahuduug begangener Zünden, wechselt mit väterlichen
Ermahnungen und entschuldigt sich mit der getreuen Pflichterfüllung des Chronisten.
St. Leonhard ist uoch immer Biehpatron. An diesem Tage wird der große Vieh-
markt zu St. Leonhard an der Berchtesgadener Grenze gehalten. Die Kirche daselbst barg
auf dem Chor vor noch nicht langer Zeit eine Unzahl von Opfergaben für die Genesung
kranker Hausthiere: in rothes Wachs getriebene Pferde von alten geschmackvollen Formen,
weißwachserne Milchkühe n. f. w. Die Leonhardskirche in Leogang ist, wie andere desselben
Namens, mit einer Kette umgeben, von der wie anderwärts die Sage geht, sie sei aus den
Kinnketten der genesenen Rosse geschmiedet worden.
Das Jahr neigt sich znm Ende. Schon geht der Bischof Nikolaus, der „Niglä"
mit dem „Klaubauf" um; ersterer iu freuudlicher Gestalt stellt öfter eiue Frage aus dem
Katechismus au die Kinder und schenkt Äpfel, Nüsse und gedorrte Zwetschken, letzterer mit
Birkeuruthe und Sack ausgerüstet, in der rauhen „Wildschur" uud mit Ketten rasselnd,
droht die Schlimmen in den Sack zu schiebe». Aber beide treten in Städten und Märkten
bereits vor der herzerfreuenden Erscheinung des Christkindes zurück. Mo» begnügt sich
öfter, wohlgerathene Kinder einen niederen Schuh vors Fenster legen zu lassen, ob nicht
der heilige Bischos denselben in der Nacht mit einer Bescherung füllt oder etwas „einlegt".
Mit Anfang der Adveutzeit beginnt die Sorge für Beschaffung des „Kletzenbrvtes",
dieses allgemein verbreiteten, bei Hoch und Nieder geschätzten Leckerbissens, dessen Gennß
durch Sparsamkeit bis zum Begiuue der Fastenzeit zn erstrecken gesucht wird. Der Einkauf
der erforderlichen Bestandtheile, als kleine Weinbeeren, Zibeben, Pinoli, Gewürze, soweit
sie nicht der eigene Haushalt liesert, wie gedörrte Zwetschken und Birnschnitze, Wall- uud
Zirnmüsse, s>>tzt Kaufleute uud Krämer, die Zubereitung aber die Hausgenossen und Bäcker
in Bewegnng. Einzelne „Anglöckler" lassen sich sehen.
Am „heiligen Abend" wird „kollazt", das ist ein kaltes Abendmahl genossen, ans
Käse, Brot, Eier, für Kinder ans Äpfeln, Birnen, Nüffen, Brot bestehend. Die Sitte
des Christbaumes ist in die Städte erst seit Anfang der Fünfziger-Jahre eingedrnngen, hat
sich aber rasch ausgebreitet uud zu deu große» Christbaumfesteu für arme Kiuder erweitert,
die aber mehrere Tage früher stattfinden und durch Erbauuugsredeu gewürzt werden. Am
„heiligen Tag" wird der „Kletzenlaib" oder das Kletzenbrot angeschnitten; der „Kletzen-
scherz" oder der Anschnitt des Laibes ist unter Liebeudeu uoch gebräuchlich. Das Opfer
au die Elemente, indem man vvn jeder Speise einen Bissen ans das Dach trug, auch
„Windfüttern" genamtt, sowie die Sitte, daß sich Bauer uud Bäuerin am „Bacheltag",
Weihnachtstag, uuter dem „Bachelboscheu" (Taiineilbauin) zum Gedächtniß an die
Erniedernng des Herrn in der Krippe, in der Stnbe auf Stroh lagerten, find abgekommen.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch