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Die Kirchenbesuche der Landleute in der Adveutzeit zur „Eugelmesse" oder dem
„Rorate" und in der „Mettennacht" im Schnee mit Laternen oder Fackeln, „Bncheln",
sind eine von Malern öfter dargestellte Erscheinung, und jetzt reisen auch Stadtleute aufs
Land, um in der Nähe einer stark besuchten Kirche diese Scene zu betrachten. Daß die
Christ- und Sylvesternacht mit Schüssen aus Böllen: und Prangerstutzeu angekündigt
wird, versteht sich von selbst. Das „Mettenschießen" und die Begrüßung der Evangelien
beim Frohuleichuamsumgaug und an Kaisers Geburtstag findet in Salzburg mit Böllern
vom Möuchsberge uud mit Kanonen von der hohen Festung statt. Der Wiederhall wird
in dem Berglande drei Stunden weit gehört uud Landleute horchen und zählen ansmerksam
nach. Ein ausbrechendes Feuer wird durch eigene Lärmkanonen angezeigt.
Am Tage des Evangelisten Johannes wird der „Johannessegen" geweiht. An diesem
Tage begibt sich auch mancher Biertrinker in den Weinkeller, um nngeweihten Johannes-
scgen zu trinken. Die Feier des Sylvesterabends durch gesellige Zusammenkünfte ist eine
Einführung der neueren Zeit. Einst schloß der Hausvater an diesem Tage sein Rechnungs-
buch und ging bedachtsam, die Wünsche fürs neue Jahr im Herzen, in das Schlafgemach,
während die juugeu Leute durchs „Lößelu", Bleigießen die Zukunft, den Geliebten oder
die Geliebte, die Vorbedeutung einer Heirat zu erforschen suchten.
Zu den nur mehr äußerst selten ausgeführten Schaustellungen gehören das
„Schifferstechen" zu Hallein und Laufen, der „Reiftanz" der Faßbinder, Kuffer
(Salzküfer) und Klentzer (Spalter des Faßdanbeuholzes für die Salzfässer) zu Salzburg
uud Hallein, endlich der „Schwerttanz" der Halleiner Bergknappen. Der Reiftanz wurde
in derselben Weise aufgeführt, wie dies «och zu Müuchcu alle drei oder sieben Jahre
geschieht, wo sich der Gebrauch unverändert erhalten hat. Das Schifferstechen bestand in
einer Art Lauzeureunen zu Wasser. Die mit Beschleunigung gegeneinander rudernden
Zillen führten am Hinteren Ende je einen aufrechtstehenden Kämpen, der als Waffe eine
lange „Raheu" (Stange) mit einem quer vorgeuagelten Brettchen oder einer Scheibe an
der Spitze führte und damit beim Znsammenstoß seinen Gegner ans dem Gleichgewicht zn
bringen und rücklings ins Wasser zu werfen snchte. Die Zahl der gegeneinander rudernden
Schiffchen, die possierlichen Stellungen der ins Wasser Stürzenden uud Herans-
schwiinmeudeu, die Rufe der Aueiferudeu, die uicht gauz homerischen Hohnsprüche und
Drvhworte der Bemannungen, dann eine Anzahl Hilfsmannschaften und wilder Schiffer,
die in Badwannen, Wasserzubern, Fünfeimern mittels Stangen daherrnderten, sich mit
ihren schuackischeu Fahrzeugen im Kreise drehten und von anderen angerannt wurden,
boten ein belustigendes und mannigfaltiges Bild, zu dem die Rufe uud Zuuftausdrücke
der Schiffersprache und das Gelächter der schaulustige» Menge an beiden Ufern die
Begleitung lieferten.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch