Seite - 462 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6
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entstanden, ans welche die alke Dorfverfafsnng der Dreifelderwirtschaft keine Anwendnng
fand. Da liegen die Hänser reihenweise auf ihren zuständigen Gründen.
Wo bei Burgen oder Edelsitzen Gerichtshöfe oder Landschrannen bestanden, da
erhielt das Dorf, aus dessen freien Grundbesitzern — den „Marktbürgern" — die Schramie
zusammengesetzt wurde, das Marktrecht, wenn im Umkreise oon zwei Stunden nicht eine
Stadt oder ein anderer Marktflecken vorhanden war. Daher sind diese Marktrechte bis
ius XU. Jahrhundert zurück zu verfolgen. In den Tanernthälcrn Großarl, Gastein,
Ranris, Fnsch stehen die letzten Häuser nur wenige Stunden vvm Kamme der Hochalpen
entfernt. Auf den Pinzganer Sonnbergen, um Werfe«, Radstadt, im Lungan liegen
Bauernhäuser in Höhen von 1.200 bis 1.500 Metern. Die Ungleichheit des Besitzes an
Ackergründen, Viehstand, Wiesen, Weiden begründet den Unterschied des Kleinhauses oder
der Selde, des mittleren Bauernhauses und des Gehöftes des Großbauers.
Die Selde, „Sölln", auch Gensche genannt, umfaßt im Erdgeschosse die Stnbe
mit oder ohne Kammer und rückwärts einen kleinen Stall sür ein paar Stücke Kleinvieh
oder ein bis zwei Kühe. Aus dem Vorhanse, das oft auch als Küche und „Sechtel"
(Waschplatz) dient, wenn nicht im Ofen gekocht wird, führt eine Leiter oder steile Holz-
treppe in den Dachraum, der die Stelle eiuer Scheuue vertritt. Die Selden sind in
Schrotbau aufgeführt, aber auch halbgemauert.
Das mittlere Bauernhaus zerfällt iu das eigentliche Hans nnd in die Ränme
für die Feld- und Viehwirthschaft oder nach alter Benennnng in die „Fener- nnd Fntter-
behansnng". Haus nnd Wirtschaftsgebäude liegen in sehr vielen Fällen hintereinander
unter gleicher Dachflucht, bisweileu getrennt hinter- oder nebeneinander oder hofartig
im Gevierte, wie an der Landesgrenze gegen den Jnnkreis und in einzelnen uralten
Beispielen auf dem Schwemberge bei Radstadt. Bei Häusern mit einem First liegen nach
älterer beschränkter Bauart Teuue und Scheuue über dem Stall und sührt eine mitunter
beschwerliche Ausfahrt, die „Tennbrücke", von hinten oder seitwärts znr Tenne empor.
Bei neueren und behäbigeren Verhältnissen wurde letztere auf den geschlagenen Boden
versetzt und zwischen Haus uud Stall sammt darüber befindlichem Heulager unter denselben
First eingeschaltet uud fiel die Tennbrücke weg.
Ohne Zweifel waren, gleich den Stadthäusern, bis ins Xlll. Jahrhundert die
Landhäuser aus Holz mittelst Schrotbau hergestellt. In nenerer Zeit wurde das Haus
im Erdgeschoß „untermauert", man unterschied jetzt „Haus uud Zimmer", das ist das
mittels Zimmerung ausgeführte Wirthschaftsgebäude. Dauu wurde auch die Stallung
untermauert, man setzte statt des hölzernen Gadens ein, selbst zwei gemauerte Geschosse
auf die ebenerdigen Wohnräume, so daß uuu im Lande wohl noch Holzhäuser, sehr viele
halbgemauerte, aber auch stattliche ganz gemauerte Häuser angetroffen werden.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Band 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch