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der prächtigen gothischen Fenster, die zudem ihres einstigen Farbenschnmckes vollständig
beraubt sind, ins Auge.
Die Fraueustiftskirche Nouuberg uimint ihrer Größe nnd äußeren Erscheinung
nach die zweite, als harmonisch durchgeführtes und stilvolles Ganze aber unstreitig die erste
Stelle uuter deu gothischeu Kirchen der Stadt Salzburg eiu. Die von Kaiser Heinrich ll.
zu Anfang des XI. Jahrhunderts erbaute Kirche hatte sammt dem Kloster ein Brand im
Jahre 1423 zerstört. Erst geraume Zeit danach, um 1464, konnte das hart mitgenommene
Frauenstift zur Wiedererbauung der Kirche schreiten, welche bis 1475 währte. Aus Grüudeu
der Ersparuug wie der Pietät hielt man sich hierbei möglichst an die Reste des früheren
Gebäudes und bezog alles noch Verwendbare davon in den Neubau ein. So entstand ein
Werk im Stile der Spätgothik, aber mit zahlreichen romanischen Überresten und mit
deutlichen Nachklängen dieses Stiles im Grundrisse wie im Anfbane. Der Meister war
Wolfgang Wiesinger, ein sonst völlig unbekannter Name, wahrscheinlich ans Baiern hierher
berufen. Die Art, wie er seiue Aufgabe uuter Schwierigkeiten mancher Art gelöst, spricht
für große Tüchtigkeit, in der nebst dem Handwerke auch ein gutes Stück Kuust steckte.
Die heutige Kirche ist ein Quaderbau aus Nagelfluh, langgezogen bei mäßiger
Höhe, dreischisfig mit niedrigen Abseiten und eiuem stark erhöhten Querschiffe, aus dessen
östlicher Schlußwaud ohue eigentliche Chorbildung drei Apsiden, den drei Schissen
entsprechend, vorspriugeu. Darunter eine große von Rnndsänlen getragene Krypta, die
das alte Heiligthum des Klosters, das Grab der ersten Äbtissin St. Erntrnd birgt. Reich
verschlungene Netzgewölbe, theils auf Consolen, theils auf bündelartigen Pfeilern ruhend,
überdecke» sämmtliche Räume. Gleiche» Charakter zeigt das Portal an der südlichen Lang-
seite der Kirche, seiner Romantik halber ein bekanntes Lieblingsstück der Zeichner und
Maler. Den kräftig prosilirten spätgothischen Rahmen füllen Senlpturen aus, zum Theil
bedeutsame Überreste eines früheren romanischen Portals, Alles verbunden zu eiuem
vortrefflich wirkenden Ganzen.
Die Renaissance hat an unserer Kirche verhältnißmäßig wenig umgestaltet; ihre
schlimmsten Zuthäte» wurden nenestens bei einer mit Liebe und Verstäuduiß durch-
geführte» Restauriruug glücklich eutferut. An die Stelle des barocken Hochaltars trat ein
schöner spätgothischer Flügelaltar, ans einer Landkirche hierher versetzt, der mit dem
prächtigen Glasgemälde von 1480 dahinter eine Hauptzierde der Kirche bildet. Mau darf
kühn sagen, daß sie in stimmungsvoller, traulich-ernster Wirkung des Inneren gegen-
wärtig von wenigen Kirchen im Lande erreicht, von keiner übertroffen wird.
Als drittes unter den gothischen Kirchengebäuden Salzburgs verdient noch die
B ü rge rsp i t al - S t ad t p fa rr ki rch e besonders genannt zu werden, nicht ihrer
architektonischen Schönheit, sondern der Originalität ihrer Anlage wegen, die sich in so
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch