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der Hauptsache erhalten blieben, wäre der neue Dom in der That eiu Gebäude vvu riesige»
Dimensionen, genialer Anlage uud reicher architektonischer Durchbildung geworden, mit
Vorhalle, Haupt- und Querschisi, zu deren Seiten 18 kuppelförmig überwölbte, nnter-
einauder verbundene Kapellenräume eine Art vou Nebenschiffen bilden sollten. Eine
mächtige Klippel war über der Vierung, eine zweite über dem Presbyterium beaütragt,
«ach venetianischer Vorliebe wären deren vielleicht noch mehr gewordeu. Auch auf deu
Bau vou Thürmen an der Westfront scheint der Plan Bedacht genommen zu haben. Die
Maße im Lichte» Ware» mit 135 Meter Länge für Hauptschiff nnd Chor, 95 Nieter für
das Qnerschiff, über 7.000 Quadratmeter Flächeninhalt projectirt: sie hätten sonach jene
der größten deutschen Kirchengebäude, des Kölner uud Speyerer Domes, nm ein Beträcht-
liches überboten. Das Überschwängliche des Ganzen liegt anf der Hand. Der Riesenban
wäre außer allem Verhältnisse zur Größe der Stadt und des Erzstiftes, auch außer Ver-
hältniß zn den Mitteln des Bauherrn gestanden und hätte seine Vollendung sicher niemals
erlebt. Am 18. April 1611 ließ Wolf Dietrich zu diesen« Dome den Grundstein legen
nnd den Bau sofort mit feiuer gewohnten Hast wirklich beginnen. Nicht wenig kostbares
Steinwerk vom alten Dome scheint dabei als Material benützt nnd in die Grundmauern
versenkt worden zu sein. Allein kaum wäre» diese über die Erdoberfläche hillausgestiegen,
ereilte den Bauherrn 1612 sein selbstbereitetes Schicksal, kläglicher Stnrz und Gefangen-
schaft, aus der ihn 1617 erst der Tod befreite. Mit Scamozzis grandiosem Baue war es
iluu für immer vorbei. Wir besitzen von dem gefeierten Meister nnr ein paar kleinere
Bauten, die er während seines Aufenthaltes in Salzburg nm 1604 im Anftrage des
Erzbischofs nebenher ansführte oder wenigstens entwarf: einige in edelster Renaissance
gehaltene Theile sowie vermuthlich auch die reizend deeorirte Haupttreppe des
heutigen Regiernngsgebändes nnd ein an sich schönes, aber völlig unharmonisch
und störeud eingebautes Ora tor ium in der Franciseanerkirche, welche für die Gottes-
dienste der Tomkirche während des Nenbanes ausersehen war.
Wolf Dietrichs Nachfolger Marx Sittich von Hohenembs faßte einen den Ver-
hältnissen besser entsprechenden Ban des Domes ins Auge und berief hierzu an Scamozzis
Stelle gleichfalls einen walschen Meister von bescheidenerem Namen: Santino So la r i
aus Como. Er war aus gnter Schule, eiuer von den unzähligen Architekten, womit Italien
dazumal die halbe Welt versorgte. Dieser lieferte schon 1613 zu einem beträchtlich kleineren
und einfacheren Gebäude, in den Grnndformen der Peterskirche von Rom nach damals
beliebter Weise nachgebildet, die Pläne; 1614 wurde neuerdings der Grundstein gelegt
und auf neuen Grundmauern der Ban abermals begonnen. Marx Sittich nnd nach dessen
1619 erfolgtem Tode Erzbischos Paris Lodron sührten ihn n»ter Solaris Leitung so
rüstig fort, daß nach 14 Jahren die auch jetzt noch großartige Kirche in der Hauptsache
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Band 6
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Oberösterreich und Salzburg
- Band
- 6
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.03 x 24.86 cm
- Seiten
- 650
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch