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Das Alürzthal.
Der natürliche Leitfaden bei Beschreibung eines Thales ist der Fluß, der es durch-
zieht, und zwar in der Richtung vom Ursprünge bis zur Ausmündung. Ich wähle die
entgegengesetzte Richtung, erstens, weil ein Gebirgsthal vom niedrigsten Punkte aus besucht
zu werden pflegt, und zweitens, weil die Natnrschönheit des Mürzthales dem Flusse
entgegen die richtige Steigerung erfährt.
Die stattliche Mürz hat von ihrem Ursprünge im Hochgebirge bis Bruck, wo sie sich
in die Mur ergießt, 12 Meilen zurückgelegt. An zehn größere Bergwässer zur Rechten
und nicht weniger zur Linken hat sie in ihr von Weiden- und Erlenbüschen beschattetes
Bett aufgenommen; es gibt keinen Berg in diesem Bereiche, der nicht seine klaren Bächlein
herabspringen ließe ins grüne sonnige Thal. Mancher Nebenfluß wallt in silberigem Grau
daher, ein Zeichen, daß er aus den Wildnissen der Kalkfelsen kommt.
Das Mürzthal selbst ist nicht eines jener engen, düsteren Alpenthäler, wie sie von
den Städtern so gerne besucht und so bald wieder verlassen werden, — es ist eine heitere
Heimstätte für Menschen.
Wer auf der schönen, schneeweißen Reichsstraße entlang wandelt, ostwärts hin, wie
das Thal sich zieht, oder wer im Eisenbahnzuge das Thal durcheilt, der sieht wohl die
mäßig hohe«, freundlichen Berge, die reich mit Banerngründen, Feldern, Wiesen und
Halden besprenkelt sind, und auf ihren Höhen und in ihren Engthälern viel Wald, weiten
blauenden Wald. Zumeist ist es Fichtenwald, mit Tannen, Lärchen und Bnchen gemischt.
Das Hochgebirge, welches sich hinter diesen Höhen im Norden erhebt, sieht der Reisende
vom Thale ans nicht. Ahnungslos eilt er an den wilden Herrlichkeiten des Hochschwab,
der Veitsch vorüber, bis er bei Mürzzuschlag nach Norden einbiegend endlich hart am
Fuße der Felsriesen ist.
Von Bruck bis Mürzzuschlag ist das zumeist breite Thal reich au Flecken, Dörfern
und Sommerhäusern, an Schlössern und Ruinen, an Hammerwerken und Bauernhöfen. Die
Wege uud Feldraine siud häufig mit Ahornen und Eschen bestanden, an vielen Gehöften
sieht man schöne Lindenbäume. Die Reichsstraße ist streckenweise mit Ebereschen bepflanzt.
Der Getreidebau hat den noch vor zwanzig, dreißig Jahren ins Thal reichenden Wald-
zungen und den Auen der Mürz fast allen Boden abgerungen. Man hört aber Meinungen,
das Thal wäre schöner, wenn es mehr Wiesengründe hätte, und auch erträglicher; aber
der Mürzthaler wandelt eigensinniger, als es die Pietät eigentlich verlangte, den Pfad der
Vorfahren nnd baut Roggen, Weizen, Gerste und Hafer, wie man solcherlei vor der
Eisenbahnzeit dort bauen mnßte, anch heute noch und treibt die Viehzucht, die der Gegend
naturgemäßer wäre, nur so nebenbei.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch