Seite - 22 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
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Über den größeren Ortschaften, die znmeist aus solid gemauerten, mit Ziegeln
gedeckten Gebäuden bestehen, ragen weißbliukeude Kirchthürme. Die durch das ganze Thal
verstreuten Bauerudörfer mit ihren taubengrauen Bretterdächer» duckeu sich traulich im
Schatte» der Obstbäume.
Wir wollen nun als rüstiger Natursreuud den schönen Gan durchwandern und ihn
nach Maßgabe des zur Verfügung stehenden Raumes kennzeichnen.
Von Bruck aus ist das Thal enge und wenig versprechend' nach einem Stündchen
grüßt der spitze Kirchthurm von Kapfeuberg, eines blühenden Marktfleckens, der sich
freundlich an den bewaldeten Schloßberg der Ruine Oberkapfenberg schmiegt. Hier weitet
sich das Thal und man sieht im Hintergrunde die blauen Berge bei Mürzzuschlag uud
am Semering. Gegen Norden führen aus der Kapfenberger Gegend zwei große Seiten-
thäler hinein zur au Naturherrlichkeiten fast unerschöpflichen Hochschwabgruppe. Es ist
das Thal der Laming und der Thörlbachgraben. An der kalkigen Laming entlang erreicht
man in vier Stunden Tragöß, eines der malerischesten Alpenthäler der Steiermark. Es
liegt mit seinen Matten und Seen und Sandhalden zwischen gewaltigen Felswuchten.
Rechts die Kuppe der Meßnerin, links der bis zu seinem luftigen Gipfel grüne Hochthurm
und im Hintergrunde die wildzerrissene Pribitz. Hier scheint die Welt ohne Ausweg, mit
Steinen vermauert zu sein, in Wahrheit aber zweigt das Thal in zwei Engschluchten aus,
die sich tief ins Felsengebirge hinein graben. Die Schlucht zur Rechten versteigt sich in die
wilden Kare des Hochschwab, die zur Linken birgt den Grünen See und leitet nach Eisenerz
hinüber, unterwegs auch hiuauf zur Frauenmauer. Der Grüne See liegt mit seinen vielen
Buchtungen zwischen bewachsenen Schutthügeln enge eingebettet und ist berühmt durch sein
wunderbar schönes Grün, welches von den seichten Usern bis zu den Untiefen hin in allen
Schattirungeu spielt. Verwitterte Fichten, die ihn umstehen, und das weiße Gewände der
Pribitz spiegeln sich in diesem Gebirgsange, die Schauer der Einsamkeit umwehen es, die
Stille nur unterbrochen durch das Rieseln der Steine oder durch das Pfeifen einer Gemse.
Fast gleichlaufend niit dem Lamingthale, nur durch den Bergzug des 1.584 Meter
hohen Floning getrennt, läuft von Kapfenberg aus, am schönen Kurorte Steinerhof
vorüber, die stundenlange reichbewaldete Schlucht des Thörlbaches. In lebhaftem Gefälle
wallt uns das grünliche Wasser entgegen. Wir kommen zum Thörl, wo das Thal von
zwei an beiden Seiten niedergehenden Felsrippen fast thorartig verengt ist. Unmittelbar
hinter der Enge zweigt sich das Thal links nach St. Ilgen und ins Gewände des
Hochschwab, rechts nach Afleuz und Seewiesen. In der Enge selbst haben immerhin noch
ein paar stattliche Eisenwerke Platz und darüber auf senkrechter Felswand ragt die rost-
farbene Ruine Schachenstein; das Schloß ist einst als Schutzwehr für Maria-Zell und
die dort aufgehäufteu Schätze erbaut worden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch