Seite - 30 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
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Wir kommen nach Neilberg — ein großes, langgezogenes Dorf mit einer herrlichen
Kirche. Diese Stiftskirche des von Herzog Otto dem Fröhlichen erbauten, von Josef II.
aufgehobenen Cistercieuserklosters ist eine der größten und schönsten des Landes. Der
Ort liegt hart am Fuße der hier mannigfaltig gegliederten Schneealpe. Die Flügelbahn
geht uoch bis zu dem berühmten Nenberger Eisenwerke, dann mag der Wanderer, der sich
bisher ihr anvertraut, selber sehen, wie er weiterkommt. Hinter Neuberg wird das Thal
immer enger; bei einer Schlucht links, der Karlgraben geheißen, darf der Wanderer nicht
versäumen, das entzückende Hochgebirgsbild zu grüßen, welches sich ihm nur wenige
Schritte lang darbietet. Es ist mit seinem in breitem Sandbette rieselnden Wasser, mit
den steildachigen Holzhütten und Mühlen, dem hellgrünen Wieslein, den duukelgrüueu
Waldlehnen an beiden Seiten und dem grauen, schrüudigeu Gewände im Hintergrund
ein echt steirisches Alpenbild.
Eine zweite Schlucht in derselben Richtung nennt man „im Tirol", durch dieselbe
führt eiue Kunststraße empor auf das Naßköhr zum kaiserlichen Jagdhaus. Die Mürz und
unser Weg windet sich um deu Fuß der Lachalpe, wir sind nach einer Stunde im stillen
grünen Wiesenthal zu Mürzsteg. Das Dörflein schmiegt sich vertrauend an das Wasser,
und so wild dieses auch manchmal niederkommt von seinen felsigen Bereichen, hier ist es
zahm und treibt mit froher Emsigkeit Mühlen und Holzsägen.
In Mürzsteg, als dem Mittelpunkte des kaiserlichen Jagdreviers, steht am Wald-
hange ein stattliches Jagdschloß, einfach, aber mit edlem Geschmack eingerichtet. Vom
Schloßplatze herrlicher Ausblick auf die nahen finsteren Hänge der Hohen Beitsch, der wir
nnn allmälig hinter den Rücken gekommen sind. Wer sich für Wildhegung interessirt, der
wird in dieser Hirsch- und gemsreichen Gegend des Vergnügens genug finden. Das Revier
hat bei 1.200 Stück Hochwild, 500 Gemsen, 100 Rehe und einen guten Auer- nnd
Birkwildstand.
In Mürzsteg zweigen sich wieder die Thäler und mit ihnen die Wege. Links, am
Fnße der Beitsch hin, dem Dobreinbache entgegen, zieht sich die Straße über das Nieder-
alpel nach Gußwerk und Maria-Zell. Diese Straße ist viel befahren von Kohlen- und
Eiseuwageu. Auch viele Maria-Zeller Wallfahrer beleben sie. Rechts ist das Thal zum
todten Weib und in die Frein, der Lauf der Mürz. Ich kenne in unseren Alpen
keinen schöneren Spaziergang als auf diesem glatten Kiesweg entlang der klaren frischen
Mürz. Rechts über Wiesenlehnen und Waldbeständen die Wände der Lachalpe, des
Höllenkares, der Hochwiesen, links die Kuppen des Seekopf, des Proles. Die Häuser
uud Hütten, welche zu Anfang der Strecke am Wege stehen, werden weiterhin ersetzt
durch riesige Steinblöcke, die von den Felsen niedergebrochen neben dem Wege liegen.
Ein schroffes Felsenthal, „die Höll", führt rechts hinan gegen das kaiserliche Jagdhaus
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch