Seite - 80 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
Bild der Seite - 80 -
Text der Seite - 80 -
80
in der Nähe dieser Heerstraßen oder der römischen Colonien Grabhügel eine reiche Aus-
beute versprachen, finden wir sie ausgeplündert und nur wenige der abseits gelegenen und
noch unversehrten Gräber lassen ans den Metallreichthnm und die künstlerische Vollendung
schließen, die schon vor der römischen Colonisatiou den eingebornen Völkern in Behandlung
der Bronze eigen war. So sind bei Negan eine Anzahl Bronzehelme, in Klein-Glein
Brust- uud Rückeuharnische nebst Schildbuckeln, Bronzeschwerter, Fibeln, Paalstäbe und
Bronzewaffen aller Art gesunde» worden, die der Form und Technik nach sich sehr gut
mit etruskischeu Arbeiten vergleichen lassen.
Noch mehr gilt dies vielleicht vom Judenbnrger Wagen, der oft beschrieben und viel
bewundert worden ist. Auf einer durchbrochenen Bronzeplatte, die auf vier achtspeichigeu
Rädern ruht, steheu Figuren aus Bronze gegossen, welche, wie es scheint, einen Festzug
darstellen. Eine größere Figur in der Mitte hält eine Schale ober dem Haupte, rechts und
links sehen wir Reiter, vorn und rückwärts Fußgänger in kriegerischer Tracht. Die Stilistik
wie das Costüm der Figuren erinnern direct an Arbeiten der Etrusker, wie wir sie vielfach
iu Italien vorfinden, weßhalb es denn anch nicht gewagt schien, hier eine aus dem Süden
importirte etrnskische Arbeit zu vermuthen. Ähnliche Wagen mit Schalen, die von einigen
Forschern als Tafelaufsätze für Salz u. s. w. angesehen werden, fanden sich mehrfach,
wenn auch nicht in gleicher fignraler Ausstattung in Norddeutschland und Bosnien und
sind auch dort als directe Beweise des etruskischeu Tauschhandels betrachtet worden.
Als einen weiteren und klaren Beweis für etrnskische Cnltureiuflüsse betrachtete man
auch die etruskischeu Inschriften der Neganer Helme, welche jeden Zweifel über die
etrnskische Herkunft auszuschließen schienen.
Wenn trotzdem in neuerer Zeit immer mehr die Ansicht Boden gewinnt, daß im
Allgemeinen die in unseren Ländern gefundenen Bronzen den heimischen metallkundigen
Kelten angehörten und von ihnen erzeugt wurden, so erklärt sich dies aus dem Umstände,
daß häufig figurale Darstellungen desselben Charakters diesseits der Alpen und anderseits
wieder in Oberitalien sowohl in den Terra-mare als in den dortigen Urnenfeldern und
Gräbern solche Bronzen immer hänfiger gefunden werden, welche man unserem keltischen
Formenkreis zurechnen muß. Zudem kommt, daß unter den sogenannten etruskischeu
Inschriften eine große Verschiedenheit zu herrschen scheint und die Annahme, daß auch unsere
keltischen Eingebornen sich ähnlicher Schriftzeichen bedienten, durchaus nicht ausgeschlossen
ist. Bei voller Anerkennung der weit ausgebreiteten etruskischeu Cultur und ihres Einflusses
gegen Norden schränkt die neuere Forschung den eigentlich etruskischeu Stilcharakter immer
mehr eiu, während sich der Formenkreis der keltischen Funde immer weiter ausbreitet.
Wenn wir somit über die Herkunft des Jndenburger Wagens uud der Klein-Gleiuer
Funde, welche den Hügelgräbern entstammen, nicht mit Bestimmtheit aburtheilen wollen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch