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werden Bekannte eingeladen, sich vom „Klotzen"'ein Scherze!, sogenannten „Schwartling"
abzuschneiden. Die Mädchen insbesondere sind damit sehr freigebig und jeder Bursche, dem
sie wohlwollen, kann sich bei ihnen so einen Schwartling holen. In der Gegend um
Jrdning tragen die Bursche diese Trophäen als „Schüssen" ^ offen zur Schau, nämlich
an Schnüren befestigt und über die Achsel geworfen, — so ziehen sie im langen Zuge durch
den Ort und wer die meisten „Klotzenschwartling" hat, gilt als der Don Juan im Dorfe.
An dem alten Brauche des „Aufkindelns" am Unschuldigen Kinder-Tag hält die steirische
Jugend ziemlich fest und läßt sich die Gelegenheit nicht entgehen, auf die bekannte harmlose
Weise des „frisch und g'snnd!" allerlei Geschenke zu erjagen.
In hohem Ansehen steht die Sylvesternacht, denn sie birgt der Geheimnisse besonders
viele. Alle früheren Lößlversnche werden in der Stunde der Jahreswende wiederholt,
um die Zukunft zu entschleiern. Ein seltsames Orakel von besonderer Bedentnng für die
Bewohner von Hartberg und Umgebung birgt der sagenreiche Ringberg. Da konnte man
alle sieben Jahre in der Sylvesternacht auf der südwestlichen Seite der Mauer, welche
rings um den Berg sich zieht, in der gegen das fruchtbare Feistritz- uud Saseuthal
gerichteten Seite eine Öffnung bemerken, ans welcher Schlag zwölf Uhr ein Schwein
hervorkam, bald dürr und mager, mit Stoppelhalmen im Maul, bald wieder „foast"' uud
mit goldeueu Ähren im Rachen. Im ersteren Falle ließ das gespenstische Thier stets ein
jämmerliches Grunzen hören und kehrte gleich wieder in das Innere des Berges zurück;
mau hatte daun sieben schlechte Jahre zu erwarten. Im letzteren Falle aber konnte man
einer segensreichen Zeit entgegenblicken; das Schwein lief dann gewöhnlich längs der
Mauer um den Berg herum, und nur wenn einem einzelnen Orte irgend ein Ungemach
drohte, ließ es die Richtung, in welcher derselbe liegt, nnpassirt und kehrte wieder in die
Höhle zurück.
Auf die erste Begegnung am Neujahrs tage legt das Volk großes Gewicht. Viel-
fach noch üblich ist auch das „Neujahrwünschen" und „Neujahrsingen". Der letzte Tag
im Cyklus der Weihnachtstage ist der heilige Dreikönigstag. Da werden am Vorabend die
Initialen der drei Weisen aus dem Morgenlande und die Jahreszahl an den Thüren und
an den Betten der „Drudenfuß" mit geweihter Kreide erneuert. In der Gegend Hinterberg
im Salzkammergut gehen an diesem Abend die Armen „glöckeln" nnd holen sich in
größeren Bauernhöfen Geschenke, namentlich Krapfen. Die Dreikönigsnacht heißt im
Oberlande auch die „Perchtluacht". Es kehrt da die gefürchtete „Perchtl" oder „Perchtl-
goba" mit den Seelen der ungetanst verstorbenen Kindern in den Häusern ein und nippt
von der für sie in Bereitschaft gehaltenen „Perchtlmilch"; doch darf man sie dabei nicht
vorwitziger Weise belauschen, da man sonst von ihr mit Blindheit geschlagen wird. Wenn
' Kletzenbrod. - Eine Reihe gleichartiger Tinge. " fett.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch