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man der „Perchtl" unterwegs ans ihrem Zuge begegnet, muß man das „letzte" Kind
ansprechen und ihm einen Namen geben; dann wird dessen Seele erlöst und die Perchtl
dankt für die Gutthat. Ju der Dreiköuigsuacht muß auch jeder Flachs vom Rocken rein
abgesponnen sein, sonst nistet die „Perchtl" hinein. In der nordöstlichen Steiermark
geht zii Nenjahr und am Dreikönigsabend die „Pnddelmntter" oder „Bndlmnada" um,
eine gar wilde Gestalt, und beschenkt die braven Kinder mit Obst uud dergleichen. Die
Dreikönigsnacht heißt anch in diesen Gegenden die „Reihmahlnacht"; um Pöllau uud
Borau herum heißt der 6. Jänner der „Sieben-" oder „Nennrichteltag", weil da
gewöhnlich sieben oder neun Speisen ausgetischt werden.
In der Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönig werden znweilen noch religiöse
Spiele ausgeführt, auch ziehen die „Sternsinger" hernm. In der nordöstliche« Steiermark
gibt es gar „Heilige Dreikönigssängerinnen"; drei Madchen, eines weiß, das zweite roth
und das dritte schwarz gekleidet, geben sich als die heiligen Dreikönige ans dem „Morgen-",
„Mittel-" nnd „Abendlande" aus, siugeu eiu „Dreikönigslied" und nehmen dann die
ihnen gereichten Geschenke dankend entgegen. Im Wölzerthale herrscht der Glanbe, daß,
wenn zwei Züge solcher „Sterusiuger" im Freien bei gewissen Wegkreuzen und an
verrufenen Stellen sich begegnen, alsogleich ein dritter, aus höllische» Genossen bestehender
Zug herbeikäme nnd sodann gerauft würde, daß das Blut nur iu Strömen rinne.
Zn Mar i a Lichtmeß geweihte Kerzen zündet man bei Gewittern an, anf daß
der „Donnerkeil" nicht ins Haus fahre. Am darauffolgenden Blasinstage pflegt hänfig
der eiusame Gebirgsbauer auch den Wind mit Mehl nnd Getreidekörnern zu füttern; in
Mittelsteier hingegen ißt man an diesem Tage Krapfen, auf daß der Wind nicht die
Dächer herabreiße. Der 22. Februar, Petri Stuhlfeier, gilt als ein Lostag. In der
Frohnleiteuer Gegend glanbt man, daß, wenn an diesem Tage der Nebel hoch an den
Bergen steht, im selben Jahre viele Vornehme sterben; steht er nieder, gehen mehr
mindere Leute mit dem Tode ab; ist es aber au diesem Tage überhaupt wolkig, so sterben
aus allen Ständen gleichviel Leute.
In einige« nördlichen Gegenden Mittelsteiers gibt es anßer den Gemeindevorstehern
auch „Viertelrichter", deren Amtsthätigkeit jedoch eine beschränkte ist. Die Wahl derselben
geschieht stets am Dienstag vor dem Faschiugsouutag uud wird das „Richtersetzen"
genannt. In der Ortschaft Baumgarten findet dieser alte Rechtsbranch in folgender Weise
statt: im Hause des „alteu" Richters, dessen Amtsthätigkeit eben abgelansen, versammeln
sich die Väter der Gemeinde, wo ihnen Rechnung gelegt wird. Während des darauf-
folgenden Mahles bleibt der alte Richter vor der Thür uud tritt erst, nachdem die dritte
Speise, „Selchfleisch mit Sauerkraut", aufgetragen worden ist, wieder in das Zimmer. In
einer Hand trägt er einen Teller, anf welchem sein schönstes, mit Blnmen geschmücktes
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch