Seite - 168 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
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Glas steht, darinnen ein Rosmarinzweig in frischem Wasser, in der anderen Hand hält
er den Besitzbogen der „Gmoangründ", Pachtverträge und Steuerbücher. Gravitätisch und
würdevoll stellt er sich vor den Tisch nnd hält dem „neuen" Richter, der ans dem Ehrenplatz
in der Ecke unter dem Hausaltar sitzt, eine Anrede, ermahnt ihn zur Gerechtigkeit und
Redlichkeit uud übergibt ihm sodann den Teller sammt Glas uud Inhalt und die Rechts-
nrkunden. Während dieses Actes stehen alle auf, an der Hausthür aber erdröhnen drei
mächtige Stöße; zwölf Bubeu stoßen an die Thür mit einem drei Meter langen, an beiden
Seiten mit je sechs „Sprossen" oder Handhaben versehenen Stocke aus Tauneuholz, dem
Symbol der richterlichen Würde und Zeichen der Güterabtretnng, wiederholen hierauf
solches an den Thüren der übrigen Besitzer im Dorfe und zuletzt beim Hause des neue»
Richters, wo dauu der Stock in deu Hof hineingeworfen und daselbst für ein Jahr
aufbewahrt wird. Die Mahlzeit aber nimmt inzwischen ihren ungestörten Fortgang.
Der Fasching ist für den frohsinnigen, lebenslustigen Steirer die Zeit der Freude,
eine Quelle heiterster Vergnügungen und Belustigungen. Der Faschingsonntag heißt in
der östliche» Steiermark der „Burscheusountag" uud der darauffolgende Tag der „foasti
Montag"; im oberen Mnrthale wird er auch der „damische" Montag, gemeiniglich aber
der „Froschmontag" genannt, weil, wenn an diesem Tage gesponnen wird, die Frösche
den nächstfolgenden Flachsanbau abbeißen. Überhaupt soll au den letzten drei Fasching-
tagen so wenig als möglich gearbeitet werden, da soust „das Riud damisch" wird; dafür
aber wird recht fleißig getanzt, deuiu
„Wann die Bauern gern tanzen, so geits gnati Jahr,
Wird da Hoba schöan zottat und 's Korn schöan schwar."
Schabernack, Mummenschanz und Maskeuzüge sind in dieser Zeit sehr beliebt. Als
stereotype Gestalten erscheinen z. B. in Anssee der „Fasching" nnd das „Faschingweibl"
in ihren mit Gold- und Silberflitter bedeckten Costümeu; in deu Seitenthälern der oberen
Mnr ist das „Faschingrennen" üblich, wobei weißgekleidete Masken verschiedene
Schwenkungen und Schneckeuwiuduugeu, Posseu uud Scherzspiele ausführe», wie z. B.
das Beschlagen eines Schimmels n»d dergleichen mehr. In der mittleren Steiermark keimt
man die „Faschingpopperl"; da werden männliche und weibliche Strohfiguren auf eiuem
au die Pflugdeichsel befestigten zweirädrigen Karren von maskirten Burschen durch das
Dorf geführt, mitunter auch getragen. In St. Loreuzeu am Wechsel, Rohrbach, Mömiich-
kircheu ist dauu und wann noch das „Gaborbetheltreiben", auch „Bethlastechen" genannt,
üblich. Es wird auf einem freien Platze eine Stange aufgerichtet und an dieser ein Popanz,
der „Gabor Bethel", angebunden, an dem nun die erwachsene Jugend im Gänsemarsch
vorbeiläuft uud versucht, die Puppe mit Spießen von der Stange loszubringen; dieselbe
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch