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ehemals den Zug ein Postillon, es wurden allerlei Ackergeräthe mitgeführt und ein in
Stroh gehüllter Bursche mit Hörnern und Schellen am Kopfe durchfurchte mit einem
Pfluge die Straßen, während einzelne Masken, darunter auch eiu Hanswurst, scherzhafte
Reimsprüche declamirteu und auch sonst verschiedenen Schabernack trieben. Der Zug
bewegt sich stets zu einem Wirthshause, wo der Block öffentlich versteigert und der Erlös
sodann gemeinsam verjubelt wird.
Reich an Gebräuchen ist die Osterzeit. Was über den Palmsouutag, über das
„Palmtragen" und über die Heil- und Wunderkräfte der geweihten „Palmkätzchen" sich
das Volk in den angrenzenden Alpenländern erzählt, gilt im großen Ganzen auch für
Steiermark; eiue ziemlich allgemein bekannte Erscheinung sind auch die „Ratschenbnben".
Am „Antlaßpfingsttag" erhält die ganze Natur ihre Weihe. Alte Leute pflegen an diesem
Tage das „Baumbeten" nnd den „Grünwasengang", das heißt, sie verrichten unter einem
Baume kniend ihre Andacht und gehen Abends während der „Todesangstzeit" barfüßig
vor das Haus auf einen grünen Rasenboden und beten daselbst. Der Charfreitag ist
gleichfalls von hoher Bedeutung, er gilt als ein Lostag, und zwar heißt es: „Wenn's
am Charfreitag regnet, so folgt ein dürres Jahr; wenn aber Reif aus den Feldern liegt,
so ist's ein gesegnets Jahr." Am Charsamstag nimmt man sich einen „Brand" von dem
vom Todtengräber aus vermorschten Sargbrettern und Holzkreuzeu angemachten und vom
Priester geweihten Feuer mit uach Hause; verlöscht derselbe unterwegs, so stirbt Jemand
aus dem Hause innerhalb des Jahres. Ein Theil der Kohlen von diesem „Weihfeuer"
wird zum Herdfeuer geschüttet, der andere aber nach deni Verlöschen als ein wunderthätiges
Präservativmittel aufbewahrt.
Die Auferstehung wird möglichst feierlich begangen; in Eisenerz findet sie in später
Abendstunde statt und zeichnet sich durch ihren bergmännischen Charakter aus. Das Oster-
schießen und die „Osterfener", die einst Ostara, der Göttin des aufsteigenden Lichtes, der
Morgenröthe und des Frühlings geweihten Opferflammen, sind noch an vielen Orten
üblich; in den Gegenden am Wechsel werden sie stets am Rande der angebauten Winter-
kornfrucht angezündet, damit die Saaten vor Hagelschlag bewahrt bleiben.
Am Ostersonntag schickt jede rechtschaffene Hausfrau eiuen Korb voll Lebensmittel
in die Kirche, damit dieselben die Weihe erhalten. In nnd um Radkersburg findet eiu
Wettrennen, sogar ein Wettfahren mit den „Weihkörben" statt; welcher Dienstbote znerst
mit seinem „hochaufgehackten" Korb heimkommt, gilt als der fleißigste fürs ganze Jahr.
Am Wechsel herrscht am Ostersonntag die auch iu den angrenzenden Gegenden Nieder-
österreichs übliche Sitte des „Groangehens", wobei nach dem Mittagsmahle von den
Familiengliedern die Herbstsaatfelder betend durchgangen und religiöse Ceremonien
verschiedener Art vorgenommen werden. Am Ostermontag findet im obersteirischen Mnr-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch