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ihr Gebot übertrat oder sie beleidigte. Auf dem „Mehlstübl" im Mürzthale wohnten
die wundervollen „Mehljnngfraueu" und bedachten die armen Holzarbeiter mit Speise
und Trank; auf dem Lebernfelde bei Kirchberg a. N. zeigten sich die „Müerfräulu"; im
Fritzeukogel bei Heiligenkreuz hausteu die „unterirdischen Weibsbilder" und auf dem
Waldrasteiu bei Straden die mildthätigen „Uuifraueu"; im Zwielicht der Wälder aber
huschen „Waldweibcheu" und „Holzweibl" umher uud suchen auf den mit drei Kreuzen
gezeichneten Baumstämmen Schutz vor dem bösen Feinde.
Der „Berchtl" oder „Perchtl" wurde schon an anderer Stelle gedacht. Ihre Götter-
gestalt tritt uns auch in der „weißen Frau" entgegen, welche als Vorbotin eintretender
Todesfälle in den Schlössern Groß-Lobming, Than, Wildon und mehreren anderen sich
ankündigt; im Schlosse Eggenberg erschien sie als „graue Jungfer". Eine ihr verwandte
Sagenerscheinnng ist das in den Gegenden des Leibnitzerfeldes bekannte „Lahnwaberl"
in alterthümlicher Tracht mit einem Schlüsselbunde am Gurt; es sucht uugetaufte Kinder
zn erhaschen und fährt mit ihnen ins Wasser, erscheint zuweilen des Nachts als wandelndes
Licht und führt auch die wilde Jagd an. Eine andere im Mittellande bekannte Sagen-
gestalt ist das „Nachtahnl", auch „Nachtfrau" genannt, von ungemein liebreizendem
Äußern, hat aber eine „eiserne" Hand, mit der sie Spöttern „Flintzen"' austheilt, daß
dabei die Funken fliegen; sie reinigt die Wäsche der schmntzig Begrabenen und trocknet sie
im Mondenscheine, weshalb sie auch die „Waschfrau" geuauut wird. In Obersteier
dagegen kennt man die „Thörin", eine schlanke, weißgekleidete Frauengestalt mit großen
feurigen Augen und nach rückwärts gerichteten Schanfelfüßen; sie hält sich am liebsten
bei Gewässer« auf, wo sie sich die Nacht hindurch mit Waschen beschäftigt. Endlich seien
noch genannt das in der östlichen Steiermark bekannte „Lntscherl" oder „Lntschl" mit
deu Gänsefüßen, welches den schlimmen Kindern die Fersen ausschneidet, das gespenstische
„Dachsteinweibl" und die in den Alpen allgemein bekannte „Trnd" oder „Drnd".
Überaus zahlreich sind die Teufelssagen. Gewöhnlich erscheint der Teufel als grüuer
Jäger, zuweileu auch als Bettler, Einsiedler, auch als schwarzer oder feuriger Ritter auf
eiuem Schimmel oder feurigen Rappen. In einer Ennsthaler Sage fährt er als kleines
Männchen mit grüngelb funkelnden Augen in feurigem, von einem Drachen gezogenen
Wagen und holt einen Schmied, der ihm seine Rößlein, das sind leichtfertige Weibsbilder,
auf den Kuieu beschlagen mnßte, auf daß sie die steilen Scheichenspitze hinanrutschen
konnten. Von besonderer mythischer Bedeutung sind jene Sagen, welche von der Ver-
wandlung der Menschen in Stein durch den Teufel handeln, so z. B. die vom „Pfaffensteiu"
bei Eisenerz, vom „bucklichteu Schneider" am Johnsbacher Felseuthor uud mehrere andere.
Vom Tenfel als Banmeister erzählen die Sagen von der Entstehung des „Teufelsteines"
' Ohrfeigen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch