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einem Glase Wein und einem Rosmarinzweig in der Hand erscheint und den Wein dem
Bräutigam und dieser dem Altvater (sta,resi»a) übergibt, welcher es auf das Wohl des
Paares und der Gäste leert. Während die Braut von den Ihrigen Abschied nimmt, singt
man eigene Lieder, bis endlich der Zug sich zur Kirche bewegt, wobei die Bursche aus den
Dörfern, welche passirt werden, manchen Schabernack aufführen. Während der Tranung
tanzt bei Pettan der Fahnenträger mit seiner Fahne vor der Kirche. Derselbe erscheint
da und dort auch noch zn Pferde. Eigenthümlich ist es, daß man in der Murgegend den
Brautzug so einzurichten strebt, daß man der aufgehenden Sonne entgegenfährt uud zu
diesem Zwecke selbst einen weiten Weg nicht scheut. Nach dem Segenstrunk in der Kirche
geleitet man die Braut in ihre neue Heimat. Auf der Hausschwelle wird sie mit einem
Brotlaibe empfangen, das sie auseinander schneiden muß, zum Zeichen, daß sie nun die
Wirthschaft übernimmt. In einigen Gegenden mnß sie zuerst in die Küche gehen und von
dem Sauerkraut kosten, damit das Kraut besser gedeihe, dabei theilt sie unter die Mägde
Geschenke aus oder wirft wie in der Kollos auch ein Geldstück in das Feuer, eine alte
Erinnerung an die Feneropfer. Das Festmahl dauert oft mehrere Tage, für arme Leute
wird deshalb uuter den Nachbarn hier und dort eine Sammlung eingeleitet. Am zweiten
Morgen suchen Witzbolde aus den Häusern der nächsten Gäste allerlei Gegenstände
unbemerkt zu enttragen, um sie sodann unter allgemeiner Heiterkeit zu versteigern.
Natürlich kanft jeder Eigenthümer das Seine wieder zurück und darf auch den Preis
schuldig bleiben. Aber auch die Diebe gehen nicht straflos aus; sie werden ohne Erbarmen
zu Stockstreichen verurtheilt, nur schützt den Delinquenten ein unterschobenes Polster vor
den Folgen der Exemtion, wenn nicht etwa ein Spaßvogel vor dem letzten Streiche das
Polster blitzschnell wegreißt und dem armen Sünder doch noch zur Strafe verhilft. So
vergeht das Fest unter allerlei Kurzweil, unter Tanzen, Singen und Schießen bis die
Gäste sich entfernen. Am ersten Sonntag nach der Hochzeit bewirthen die Brautleute das
Gesiude und den Altvater. — Der Hochzeitskuchen, der mit selbstgefertigten künstlichen
Blumen und mit Figuren von Hausthieren geschmückt ist, heißt Der Altvater
legt ihn der Braut vor dem Schlafengehen in den Schoß, während die weiblichen Gäste
ein altes Lied dazu singen. Die Braut übergibt den Kuchen dem Bräutigam und nun
singen die Männer ein Lied, in welchem sie Glück und Segen für den Ehemann erflehen.
Dieser legt den Kuchen zuletzt auf den Tisch. Unter den sonstigen Gesängen, welche bei
dieser Gelegenheit erschallen, gibt es nicht wenige, welche an alte, nun schon verschollene
Gebräuche erinnern, wie an das Beschenken der Gäste u. s. w., wie solche bei den Südslaven
noch jetzt bestehen.
Den Tod denkt man sich als weiße Frau (smi-t, weiblichen Geschlechtes) von
ungeheuerer Schnelligkeit. An Kreuzwegen, wo sich auch die Seelen der Abgeschiedenen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch